Pestizid-Initiative würde Selbstversorgung um 30 Prozent senken

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Stadt St. Gallen,

Eine Initiative verlangt, das synthetische Pestizide verboten werden. Mit einer Studie warnt der Bauernverband vor gravierenden Folgen.

Pestizid
Ein Landwirt fährt am späten Abend mit einer Pestizid- und Düngerspritze über ein Feld (Symbolbild). - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Pestizid-Initiative fordert ein Verbot von synthetischen Pestiziden.
  • Gemäss einer Studie würde die Initiative zu einem starken Ertragseinbruch führen.
  • Die Initianten werfen den Studienautoren Befangenheit vor.

Zurück zur Natur: Die Pestizid-Initiative verlangt, dass in der Schweizer Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion keine synthetischen Pestizide mehr eingesetzt werden dürfen. Zwar wird wohl erst nächstes Jahr darüber abgestimmt, darüber gestritten wird schon heute.

Der Bundesrat empfiehlt eine Ablehnung, der Bauernverband ebenfalls. Letzterer hat eine Studie bei der Universität St. Gallen in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen der Initiative zu analysieren. Resultat: Würde die Schweiz keine synthetischen Pestizide mehr einsetzen, nähmen die Erträge der Landwirte um rund ein Drittel ab.

Schwein Grüne
Ein Schwein streckt seine Nase in die Kamera. - Keystone

Entsprechend würde der Selbstversorgungsgrad sinken. Von aktuell 60 auf noch 42 Prozent – ein Rückgang von rund 30 Prozent. «Zu erwarten wären ausserdem grosse Veränderungen im Sortiment von in der Schweiz produzierten Agrarprodukten», schreiben die Autoren. Insbesondere nähme das Angebot an Zucker, Früchten, Gemüsen, Kartoffeln, Schweine- und Geflügelfleisch ab. Bei Getreide und Rindfleisch würde sich wenig ändern.

Auch Import-Produkte betroffen

Die Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass sich der Agrarsektor in der Schweiz nicht verändert. Würde dies geschehen – etwa indem mehr Fläche für die Produktion von Lebensmitteln für den Menschen verwendet würde – wäre der Effekt geringer, so die Autoren.

Die Initiative verlangt auch ein Verbot von synthetischen Pestiziden auf Importprodukten. Auch das hätte gravierende Folgen: Die Studienautoren schreiben, dass die Schweiz bei einer Annahme der Initiative 21 Prozent der weltweiten Bio-Kaffeeproduktion und 50 Prozent der globalen Bio-Kakaoproduktion benötigen würde. «Die auferlegten Beschränkungen könnten Lebensmittelhersteller dazu veranlassen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern», warnen die Studienautoren.

Kakao
Arbeiterinnen einer Kakaoplantage in der Elfenbeinküste. - AFP/Archiv

Als Referenz haben die Studienautoren die Bio-Landwirtschaft genommen – die «bestmögliche Annahme». Sie warnen aber, dass die Initiative noch weiter gehe, denn selbst Bio-Bauern verwenden einige synthetisch hergestellte Pflanzenschutzmittel.

Initianten: «Schlussfolgerungen sind unseriös»

Das sehen die Initianten anders. In einer Stellungnahme schreibt Sprecherin Natalie Favre, die Studie verwende falsche Zahlen und mache vereinfachte Projektionen. «Die Schlussfolgerungen daraus sind unseriös und können nicht ernst genommen werden.»

Die Bio-Landwirtschaft sei restriktiver als die Initiative, da diese zusätzlich synthetische Düngemittel verwende. «Dabei haben Düngemittel eine grosse Wirkung auf die Erträge.» Hier fehle die Vergleichbarkeit.

soja
Sojapflanzen reifen auf einem Feld. - dpa

Favre kritisiert zudem, dass die Studienautoren nur den jetzigen Stand des Agrarsystems berücksichtigt haben. Tiefergehende Veränderungen – eine stärkere Nutzung der Landwirtschaftsfläche für die Lebens- statt Futtermittelproduktion, neue Technologien oder die Vermeidung von Foodwaste – seien in der Rechnung nicht berücksichtigt worden.

Die Initianten werfen zudem den Autoren Befangenheit vor. «Diese Studie wurde von der Industrie in Auftrag gegeben. Ihre Schlussfolgerungen sind alles andere als unparteiisch.»

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