Plastikmüll: Was bedeutet der Entscheid des Parlaments?
Weniger Plastikmüll in Gewässern und Böden: Das Parlament fordert vom Bund Taten. Folgen nun Verbote von Röhrli und Wattestäbchen analog zur EU?
Das Wichtigste in Kürze
- National- und Ständerat fordern Taten vom Bund im Kampf gegen Plastikmüll.
- Die EU hat bereits Einwegplastikartikel wie Trinkhalme und Wattestäbchen verboten.
- Der Entscheid des Schweizer Parlaments ist umfassender.
Am Schluss wurde nicht einmal mehr abgestimmt, geschweige denn debattiert: Das Parlament ist sich für einmal einig. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einer Motion zugestimmt, die den Bundesrat beim Plastikmüll in die Pflicht nehmen will.
Die EU hat bereits Trinkhalme, Luftballonstäbe oder Einweggeschirr verboten. Doch die Schweizer Forderung geht jetzt sogar noch weiter.
Plastikmüll von Styropor bis Fussgängerstreifenabrieb
Ursprünglich war in der Motion die Rede von «Plastikverpackungen und Einwegkunststoffprodukten». Das heisst: Plastikflaschen, Take-away-Schalen oder Plastiksäckli, aber auch die berühmten Trinkhalme, Watte- und Kaffeerührstäbchen. Genau das aber sei «Chrut und Chabis» reklamierte SVP-Nationalrat Felix Müri: Man gehe einseitig auf den Detailhandel los.
Aus dem gleichen Grund war auch der Bundesrat dagegen. Die damalige Umweltministerin Doris Leuthard schimpfte über die «unsägliche» Wattestäbchen-Diskussion. Diese lenke den Fokus auf Bereiche, «die nicht besonders problematisch sind». Viel mehr Plastik komme nämlich aus anderen Quellen: Abrieb von Pneus, Mikrofaser-Textilien oder abblätternde Strassensignalisationen.
Der Ständerat korrigierte daraufhin die Formulierung: «Umfassend und unter Einbezug der Hauptemissionsquellen» müsse der Plastikmüll bekämpft werden. Damit sind auch Zigarettenstummel, Feuchttücher oder Mikroplastik-Granulat in Kosmetik mitgemeint.
Moment: Wir sind doch Recycling-Weltmeister?
Die Chräschelisäckli an der Grossverteilerkasse kosten bereits. Nun geht es nicht nur dem Trinkhalm, sondern auch dem Reifenabrieb an den Kragen. Ist die Schweiz gegenüber der EU bei der Bekämpfung von Plastikmüll also auf der Überholspur?
Nicht ganz: Während die EU Verbote ausspricht, fordert das Schweizer Parlament «Massnahmen», die, immerhin, nicht nur geprüft, sondern auch ergriffen werden sollen. Allerdings «gemeinsam mit den betroffenen Branchen» und «innert nützlicher Frist». Wer die Schweizer Politik kennt, weiss: Das kann gut kommen. Oder auch weniger gut und viel zu spät.
Auch auf ihren Nimbus als Recycling-Weltmeister kann sich die Schweiz in Sachen Plastik nicht allzu viel einbilden. Beim PET werden zwar über 80 Prozent rezykliert. Bei andern Plastiksorten, aber auch bei den Tetra-Paks, hapert es noch. Mit dem Parlamentsbeschluss im Rücken soll es hier nun vorwärtsgehen.