Quarantäne: Linke gegen Verkürzung auf 5 Tage
Finanzminister Ueli Maurer hätte lieber weniger als 10 Tage Quarantäne für Corona-Verdachtsfälle. Davon wollen linke Medizin-Fachleute aber nichts wissen.
Das Wichtigste in Kürze
- Unternehmer und auch Bundesrat Ueli Maurer finden 10 Tage Quarantäne zu lang.
- Bei linken Medizin-Experten im Parlament sieht man aber wenig Spielraum.
- Eine Verkürzung der Quarantäne mache nach heutigem Wissen keinen Sinn.
Finanzminister Ueli Maurer warnt: Das Geld reicht nicht ewig, die Wirtschaft muss trotz Coronavirus in Gang bleiben. Unter anderem hofft er im Interview mit 10vor10 darauf, dass die Quarantäne-Dauer verkürzt werden kann. Doch Gesundheitsminister Alain Berset hält vorderhand daran fest, dass die Quarantäne bei zehn Tagen bleibt. Er erhält Support von linken Politikern, die sich beruflich mit medizinischen Fragen auskennen.
Die negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft machen auch SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Stefanie Heimgartner Sorgen. «Eine Verkürzung der Quarantäne würde sehr viel bringen», findet sie. Insbesondere dann, wenn der Bundesrat den Nutzen der Quarantäne offenbar gar nicht kenne.
Gemäss meiner Frage an den Bundesrat, hat dieser keine Ahnung wie hoch die Positivitätsrate bei Personen in Quarantäne ist!
— Stefanie Heimgartner, Nationalrätin (@heimgartnerstef) September 14, 2020
Wäre es nicht sinnvoller COVID-19-Tests direkt an den Grenzen zu machen, anstelle von vorsorglichen Quarantäneverordnungen? 🤔 #corona #covid19 #ParlCH pic.twitter.com/YeIgIIYt1n
Sie zeig sich doch «sehr erstaunt» ob der Antwort des Bundesrats auf ihre entsprechende Frage. Denn der Bundesrat bestätigt: Er hat keine Ahnung, wie viele Personen während der Quarantäne positiv auf Coronavirus getestet werden.
Fiebermessen bei der Einreise
Heimgartner schwebt darum ein anderes Modell vor: «Beispielsweise mit Fiebermessen an der Grenze.» Das bringe mehr, auch in medizinischer Hinsicht. «Es bringt überhaupt nichts, jemanden zehn Tage in Quarantäne zu stecken, ohne zu wissen, woher sie tatsächlich eingereist sind.» Schliesslich sei es ein Leichtes, die Bestimmungen zu unterlaufen.
«Am Anfang konnte man die Quarantäne sehr gut umgehen mit einem Stop-over in anderen Ländern», so Heimgartner. Aktuell muss auch Bundesrat Berset zugeben, dass eine Kontrolle der aus Frankreich per Auto Einreisenden schlicht nicht möglich sei. «Darum bringt meiner Meinung nach Fiebermessen viel, viel mehr.»
Zu viele offene Fragen
In verschiedenen Staaten ist derzeit eine Verkürzung der Quarantäne ein Thema, weil sich Widerstand regt. In Frankreich von 14 auf sieben Tage, in Deutschland von zehn auf fünf, da die Ansteckungswahrscheinlichkeit dann klein genug sei. Von solcherlei Plänen wollen die Gesundheits-Experten im linken Lager aber nichts wissen.
«Epidemiologisch gesehen haben wir noch zu viele Fragezeichen», sagt Manuela Weichelt-Picard. Die Nationalrätin der Grünen hat einen Abschluss als «Master of Public Health» und zeigt Verständnis für die 10-Tage-Regel. «Was bedeutet es, wenn man längere Zeit Kontakt hat mit jemandem, der positiv ist? Ab wann hat man einen positiven Test, ab wann ist man anstecken, wie lange, wie ist es mit der Immunität?»
Zweierlei Testresultate während Quarantäne
Strikt gegen eine Verkürzung der Quarantäne ist auch Angelo Barrile, SP-Nationalrat und Arzt. Ein negativer Test – zum Beispiel kurz nach der Einreise – könne auch ins Positive wechseln. «Ich kenne aus meinem beruflichen Umfeld mindestens zwei Fälle, die erst später krank wurden, trotz anfänglich negativem Test. Die zehn Tage machen Sinn mit dem heutigen Wissen.»
Dass die Motivation, sich auch wirklich an die Quarantäne zu halten, bei nur fünf Tagen grösser wäre, glaubt Barrile nicht. «Es gibt immer Leute, die sich drücken möchten.» Aus medizinischer Sicht seien die zehn Tage notwendig.
Aus wirtschaftlicher, politischer Sicht könne man schon andere Forderungen stellen und anders entscheiden. «Aber zu sagen, weniger ist genau gleich viel wert, das wäre nicht richtig.»