Räte nähern sich bei der Revision des Sexualstrafrechts an
Bei der Reform des Sexualstrafrechts hat der Ständerat einen Kompromissvorschlag gemacht. Damit wird der Begriff der Vergewaltigung künftig weiter gefasst.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei der Reform des Sexualstrafrechts beharrt der Ständerat auf der Widerspruchslösung.
- Am Dienstag hat er nun einen Kompromissvorschlag gemacht.
- Damit wird der Begriff der Vergewaltigung künftig weiter gefasst.
Der Ständerat beharrt bei der Reform des Sexualstrafrechts auf der sogenannten Widerspruchslösung, also auf dem Grundsatz «Nein heisst Nein». Er hat am Dienstag aber einen Kompromissvorschlag gemacht, mit dem der Begriff der Vergewaltigung künftig weiter gefasst wird.
Der Nationalrat beharrte zuletzt auf der «Nur ein Ja ist ein Ja»-Lösung, die Sex nur mit Zustimmung aller Beteiligten propagiert. Der neue Kompromissvorschlag des Ständerats kommt dieser Lösung nahe.
«Freezing» gilt als «nonverbales Nein»
Die kleine Kammer anerkennt, dass Opfer von sexualisierter Gewalt zuweilen ihre Ablehnung nicht zum Ausdruck bringen können. Dies, weil sie sich in einer Art Schockzustand, einem Freezing, befinden. Das soll künftig von den Gerichten ebenfalls als Ablehnung gedeutet werden.
«Das Freezing ist künftig ein explizites Beispiel eines nonverbalen Neins», sagte Beat Rieder (Mitte/VS). Er bezeichnete diesen Vorschlag als «tragfähige Lösung». Lisa Mazzone (Grüne/GE) sprach von einem «wichtigen Fortschritt im Sexualstrafrecht».
Zum vom Ständerat oppositionslos angenommenen Kompromiss gehört auch, dass Gerichte Täter zu Kursen verpflichten können. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat. Bei verschiedenen Details verbleiben noch Differenzen.
SP Frauen: «Einsatz hat sich gelohnt»
Die SP Frauen Schweiz schreibt in einer Mitteilung, die vorliegende Revision verbessere den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung massgeblich. Sie sprechen gar von einem historischen Fortschritt. Der Einsatz während den letzten vier Jahren habe sich daher gelohnt.
Mit dem erneuten Entscheid des Ständerats für eine Formulierung im Sinne von «Nein heisst Nein» lässt sich das ursprüngliche gesetzte Ziel der Revision zwar nicht mehr erreichen. «Doch die vorliegende Revision verbessert den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung massgeblich.», erklärt Tamara Funiciello, SP-Nationalrätin und Co-Präsidentin der SP Frauen. «Sie ist eine wichtige Errungenschaft der feministischen Bewegung.»
Auch die Grünen sprechen von einem wichtigen Fortschritt – auch wenn ihre Anfangsforderung nicht übernommen wurde.