Revolution in der Schweizer Steuerlandschaft!

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Bern,

Die Individualbesteuerung könnte bald Realität werden, trotz knapper Zustimmung.

Schreibmaschine Papier Steuererklärung Buchstaben
Die Individualbesteuerung könnte bald Realität werden. (Symbolbild) - Unsplash

Alle natürlichen Personen in der Schweiz sollen künftig eine eigene Steuerrechnung einreichen, unabhängig von ihrem Zivilstand. Die zuständige Nationalratskommission unterstützt eine entsprechende Volksinitiative und einen Gesetzesvorschlag des Bundesrates.

Allerdings handelt es sich um eine knappe Zustimmung, und eine starke Minderheit stellt sich gegen Initiative und Gesetzesentwurf: Die Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) beschloss das Ja zur Steuergerechtigkeits-Initiative mit 13 zu 12 Stimmen, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Auch den indirekten Gegenvorschlag hiess die Kommission mit 13 zu 12 Stimmen gut.

Heute werden Verheiratete und gleichgeschlechtliche Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, gemeinsam besteuert. Gehen beide Personen einer Erwerbstätigkeit nach, müssen sie wegen der Progression höhere Steuern bezahlen als Konkubinatspaare mit zwei getrennten Steuerveranlagungen.

Gesellschaftliche Realitäten treffen auf politische Hürden

Die Individualbesteuerung ist gemäss den Bundesratsplänen auf allen Staatsebenen vorgesehen. Die Kantone müssten die Reform somit auf Kantons- und Gemeindeebene umsetzen. Bei der direkten Bundessteuer geht der Bundesrat – bezogen auf das Steuerjahr 2024 – von geschätzt rund einer Milliarde Franken Mindereinnahmen pro Jahr aus.

Die Kommission war im Juni auf den vom Bundesrat vorgelegten Entwurf für ein Gesetz über Individualbesteuerung eingetreten, schon damals mit knappem Mehr. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass mit einem Gesetz das Ziel schneller erreicht werden könne als mit einem neuen Verfassungsartikel.

Heiratsstrafe und Fachkräftemangel im Fokus

Die Kommissionsmehrheit findet, dass die Individualbesteuerung den heutigen gesellschaftlichen Realitäten am besten entspreche. Sie hofft zum einen auf die Beseitigung der Heiratsstrafe. Ebenso will sie erreichen, dass Zweitverdienerinnen und -verdiener vermehrt eine Erwerbsarbeit aufnehmen und verweist dabei auf den Fachkräftemangel.

Die Minderheit hingegen will am Verständnis der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft festhalten, wie es in der Mitteilung hiess. Sie bevorzugte ein Splittingmodell, was aber die Kommission grundsätzlich ablehnte.

Kritik an Umsetzungsaufwand

Die Minderheit machte laut der Mitteilung zudem geltend, dass der Aufwand, die individuelle Besteuerung umzusetzen, für Einzelne und auch für die Steuerbehörden gross sei. Viele Paare benötigten güterrechtliche Klärungen.

In der Debatte, die der Nationalrat voraussichtlich in der Herbstsession führen wird, werden verschiedene Minderheitsanträge diskutiert. Eine angesichts der knappen Finanzlage beim Bund verlangte aufkommensneutrale Ausgestaltung der Vorlage lehnte die Kommission mit 20 zu 5 Stimmen ab.

Entscheidung fällt im Herbst

Mit 16 zu 9 Stimmen sagt die WAK-N denn auch Nein zum Antrag, die Progression teilweise zu erhöhen, um die Mindereinnahmen durch die individuelle Besteuerung für den Bund auf eine halbe Milliarde Franken zu beschränken. Wiederum mit 20 zu 5 Stimmen sagte die Kommission Nein zur Integration der Kita-Finanzierung in die Vorlage.

Hingegen will die Mehrheit, dass die Steuergerechtigkeits-Initiative spätestens sechs Jahre nach der Annahme an der Urne respektive nach dem Ablauf der Referendumsfrist in Kraft tritt. Standesinitiativen von Luzern, Graubünden und Basel-Landschaft, die ebenfalls eine Individualbesteuerung fordern, lehnt die Kommission ab.

Kommentare

User #4234 (nicht angemeldet)

Jeder zahlt seine eigene Steuer das wäre Richtig. Jeder Mann und Frau bekommt die AHV einzeln ausbezahlt. Das wäre Politisches Denken in Bern.

User #5349 (nicht angemeldet)

Wieso nicht einfach einen linearen anstelle eines progressiven Steuersatzes und alles ist gut? Oder einfach das ganze komplizierte Einkommenssteuer-Gedusel abschaffen und direkt mit Lohnabzügen arbeiten wie das in anderen europäischen Ländern bestens funktioniert. Das hätte erst noch den Vorteil, dass der ausbezahlte Lohn mir gehört und ich keine Rücklagen für die Steuern ende Jahr machen muss. Aber es ist wie immer. Es ist beabsichtigt möglichst komplex zu besteuern. Damit lässt sich die CH nicht mit dem Ausland vergleichen.

Weiterlesen

individualbesteuerung heiratsstrafe
92 Interaktionen
Individualbesteuerung
Gesundheit Aargau
5 Interaktionen
Gesundheit Aargau

MEHR AUS STADT BERN

Roger Nordmann
«Monster-UBS»
Landwirtschaft bund
Bundeshaushalt
13. AHV
20 Interaktionen
Nationalrat sagt Ja