Das VBS verschiebt den RS-Start ab 2027 nach hinten. Damit kommt man vor allem den Lehrabgängern entgegen – doch was bedeutet der Entscheid für die Maturanden?
Rekrutenschule
Rekruten der Schweizer Armee in Thun. Für die Sommer-RS gilt bald ein anderer Zeitplan. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Rekrutenschule beginnt im Sommer ab 2027 später als bisher.
  • Das VBS richtet sich auf diese Weise nach den Lehrlingen und den Arbeitgebern.
  • Die Reaktionen fallen positiv aus – auch der Studentenverein hat nichts dagegen.
Ad

Nach der Lehre oder nach dem Gymnasium geht es für viele in der Schweiz zunächst einmal 18 Wochen ins Militär. Das Problem für die Lehrabgänger: Die Sommer-RS beginnt jeweils in der Kalenderwoche 27 – die meisten Lehrverträge sind aber bis Woche 31 gültig.

Viele entscheiden sich deshalb, erst ein halbes Jahr später – im Winter – die RS zu absolvieren. Nun will das VBS die Sommer-RS für Lehrlinge wieder attraktiver machen. Der Start soll ab 2027 drum erst in der Kalenderwoche 33 erfolgen.

Studentenverein will Ausbildungen nicht gegeneinander ausspielen

Das wiederum könnte negative Folgen für diejenigen haben, die im Herbst dann mit dem Studium beginnen wollen. Denn durch die Verschiebung dauert die RS am Ende logischerweise sechs Wochen länger. Werden die Gymnasiasten oder die angehenden Studenten also in Zukunft benachteiligt?

Heinz Germann, Zentralsekretär des Schweizerischen Studentenvereins, winkt ab: «Es macht keinen Sinn, zwei Arten der Ausbildung gegeneinander auszuspielen und darüber zu diskutieren, wer nun einen Vorteil hat oder nicht.»

Sommer-RS
Die Sommer-RS beginnt ab 2027 sechs Wochen später.
Lehrling
Damit will man den Lehrlingen und den ausbildenden Unternehmen entgegenkommen.
RS
Sie sollen so die Lehre abschliessen und danach in die Sommer-RS starten können.
Gymnasium
Gymi-Schüler könnten es dadurch schwerer haben, im Herbst ins Studium zu starten.
Gymnasium
Allerdings ändert sich für sie wohl de facto nicht viel. Denn nach den Abschlussprüfungen machen viele ohnehin ein Zwischenjahr.

Man unterstütze grundsätzlich jede Massnahme, die dazu beiträgt, dass die Schweiz eine starke Armee habe. Der Studentenverein habe viele Armeeangehörige in seinen Reihen – auch in höheren Positionen. Germann sagt: «Wir wissen daher aus erster Hand, dass die ‹Rekrutierung› des erforderlichen Personals schwieriger geworden ist.»

Der Startzeitpunkt sei ohnehin nicht die Haupt-Herausforderung. Unterschiedliche Militärlaufbahnen hätten unterschiedliche Ausbildungsdauern. Ein Semester an einer Hochschule oder in der Berufsausbildung sei dagegen immer gleich lang. «Eine hundertprozentige Harmonisierung ist da ohnehin kaum möglich», sagt Germann.

Hast du die RS absolviert?

Eine flexiblere Handhabung des RS-Starts je nach Ausbildung wäre auch keine gute Lösung, sagt Germann. Stattdessen sollten sich die Institutionen aufeinander zu bewegen. «Die Hochschulen hätten dabei mit einer Lockerung der Präsenzpflicht bei Überlappungen mit der militärischen Dienstzeit sicher mehr Handlungsspielraum als die Arbeitgeber in der Wirtschaft.»

In der Politik sieht man die Änderung ebenfalls positiv – von Links bis Rechts herrscht in der Frage weitestgehend Konsens.

Bürgerliche: RS-Verschiebung gut für die Arbeitgeber

SVP-Nationalrat David Zuberbühler spricht in einer Medienmitteilung von einem «Erfolg für die SVP und das Gewerbe». Als man den RS-Start 2018 vorverlegt habe, seien die Lehrlinge «vollends vergessen» gegangen. Stattdessen habe man sich an die Bedürfnisse der Studenten angepasst.

David Zuberbühler.
SVP-Nationalrat David Zuberbühler. - keystone

Schon mehrfach habe sich die Sünneli-Partei für eine Verschiebung des Starts eingesetzt. Der Bundesrat sei jetzt – Jahre später – zum selben Schluss gekommen, so der Politiker aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden.

Auch aus der Sicht der Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger macht die Anpassung Sinn. Denn: Rund 70 Prozent der RS-Absolventen seien Lehrabgänger.

«Ich habe Verständnis dafür, dass man sich an der Mehrheit orientiert», so die Präsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats. Man komme so auch den Arbeitgebern entgegen.

Andrea Gmür-Schönenberger
Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger sieht die RS-Verschiebung positiv. - keystone

Gmür-Schönenberger glaubt nicht, dass die Maturanden jetzt dadurch benachteiligt werden. Auch wenn sie künftig vielleicht erst später ins Studium einsteigen können. «Es ist immer ein Abwägen, aber ich würde nicht von Benachteiligung sprechen.» Denn nach dem Gymnasium würden viele ohnehin ein Zwischenjahr machen, bevor sie studieren.

Entsprechend hält Gmür-Schönenberger das Verschieben des RS-Starts insgesamt für «einen guten Vorschlag». Man müsse dann schauen, wie die Lösung in der Praxis funktioniere.

SP-Nationalrätin: Auch Maturanden können von Pause profitieren

Ähnlich sieht es SP-Frau Priska Seiler Graf, Präsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats. Es sei «positiv und richtig», dass sich die Armee an das zivile Leben anpasse. Die meisten würden schliesslich eine Lehre machen.

Gemäss dem VBS sollen die RS-Absolventen besser auf die beiden Startzeitpunkte im Jahr verteilt werden. Laut Seiler Graf ist der spätere Start im Sommer diesbezüglich eine gute Idee: «Der Sinn dieser Verschiebung ist ja, dass mehr Lehrabschluss-Absolventinnen und -Absolventen mit der Sommer-RS beginnen können. Diese Massnahme hilft hier ganz sicher.»

Priska Seiler Graf
Auch aus der SP gibt es Zustimmung für die RS-Verschiebung: Namentlich von Nationalrätin Priska Seiler Graf. - keystone

Eine Benachteiligung der Gymnasiasten sieht auch Seiler Graf nicht. Im Gegenteil: «Auch für Maturandinnen und Maturanden bedeutet diese Verschiebung, dass sie zwischen Matura und RS-Start noch etwas Pause haben.» Letztlich könne man aber erst Bilanz ziehen, nachdem der spätere RS-Start in Kraft gesetzt worden ist.

Klar ist: Die Frage, wie der Dienst in der Armee attraktiver gemacht werden kann, bleibt eine wichtige Diskussion. Der Studentenverein beschäftige sich oft mit solchen Fragen, wie Zentralsekretär Germann sagt. «Grundsätzlich aber funktioniert das System aktuell gut genug, um den Status Quo zu erhalten. In Zukunft könnte das allerdings nicht mehr reichen.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Priska Seiler GrafNationalratAndrea GmürStatus QuoBundesratHerbstSchweizer ArmeeVBSSVPSP