Der Nationalrat hat den Sicherheitspolitischen Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen. Dieser beschreibe die Situation treffend, lautete der Tenor. Mit Blick auf den Angriff auf die Ukraine wurden verschiedentlich Stimmen für eine Erhöhung des Armeebudgets laut.
Warten auf den Auftritt am Rednerpult: Der Sicherheitspolitische Bericht 2021 gab angesichts des Kriegs in der Ukraine viel zu reden.
Warten auf den Auftritt am Rednerpult: Der Sicherheitspolitische Bericht 2021 gab angesichts des Kriegs in der Ukraine viel zu reden. - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Debatte um den Sicherheitspolitischen Bericht in der grossen Kammer am Mittwoch erhielt durch den Krieg in der Ukraine neues Gewicht.
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Selten zuvor wurde das alle paar Jahre wiederkehrende Geschäft unter derart schwierigen geopolitischen Verhältnissen diskutiert.

Obwohl der Bericht bereits im November, also Monate vor dem russischen Angriffskrieg, verabschiedet wurde, sei das Dokument eine gute Basis für künftige Überlegungen, hielt Ida Glanzmann-Hunkeler (Mitte/LU) im Namen der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK-N) fest.

Eine Rückweisung des Berichts zur Überarbeitung sei zwar angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Ukraine diskutiert worden. Man sei aber mit dem Bundesrat übereingekommen, dass dieser bis Ende Jahr einen Zusatzbericht verfassen solle, sagte Glanzmann.

Verteidigungsministerin Viola Amherd sprach von einer «dramatischen Entwicklung» und einer «historischen Zäsur der Sicherheitspolitik». Trotzdem sei der Sicherheitspolitische Bericht nicht von der Aktualität überholt worden. Er bleibe ein «wichtiges Grundlagendokument». Im bestellten Zusatzbericht geht es laut Amherd um «allfällige Justierungen» bei der Armee.

Damit ist es aber nicht getan, wie verschiedentlich zu hören war. Die bürgerlichen Fraktionen plädierten für die Aufstockung des Budgets in der Sicherheitspolitik. «Es müssen weitere Anstrengungen erfolgen und die notwendigen Investitionen freigegeben werden, damit die sicherheitspolitischen Ziele auch erreicht werden», sagte Thomas Rechsteiner (Mitte/AI). Die anstehenden Ausgaben seien mit Blick auf die Sicherheit des Landes zu beurteilen, und nicht nur mit Blick in das Parteibüchlein.

David Zuberbühler (SVP/AR) kritisierte im Namen seiner Fraktion, dass die Armee mit einer 100'000 Mann starken - «oder eher schwachen» - Truppe nicht mehr alle Ziele erfüllen könne. «Vielleicht wäre es jetzt aufgrund der realen geopolitischen Verhältnisse definitiv Zeit, die Armeeausgaben und den Armeebestand zu erhöhen.» Nur dann blieben Unabhängigkeit und Freiheit der Schweiz gewahrt.

«Die Schweiz kann und darf nicht abrüsten», sagte Doris Fiala (FDP/ZH) im Namen ihrer Fraktion. Selten sei der Schweiz so bewusst geworden, wie wichtig das Thema Sicherheit und auch die Armee blieben.

Zurückhaltender äusserte sich die Ratslinke. Sicherheitspolitik umfasse viel mehr als die militärische, geopolitische Perspektive, hielt Marionna Schlatter (Grüne/ZH) fest. Ein kriegerischer Konflikt in der Schweiz sei nach wie vor unwahrscheinlich. «Wer behauptet, dass in dieser Bedrohungslage eine überhastete, generelle militärische Aufrüstung Sicherheit gibt, der gibt schlicht ein hohles Schutzversprechen ab.»

Priska Seiler Graf (SP/ZH) plädierte für die Devise «umrüsten statt aufrüsten». Es könne gut sein, dass sich beim Rüstungsprogramm eine neue Prioritätensetzung abzeichnen werde. Sie warnte aber vor Hauruck-Aktionen: «Wir können nicht unbeschränkt viel Geld ausgeben.» Der bürgerliche Ruf nach einer Erhöhung des Armeebudgets wirke geradezu hilflos und unkreativ, kritisierte Seiler Graf und stellte die rhetorische Frage: «Was konkret sollen die zusätzlichen 20'000 Soldatinnen und Soldaten denn tun?»

Die Vorstellung einer autonomen Verteidigung sei «ein naiver Wunsch», erklärte Melanie Mettler (GLP/BE) im Namen der Grünliberalen. Die Sicherheitslage werde nicht mit einer simplen Erhöhung der Truppenstärke oder des Budgets verbessert, sondern mit einer austarierten Abwägung zwischen Budget, technischen Möglichkeiten und Risiken sowie Zusammenarbeit mit Partnern.

Nach der kontroversen Debatte rund um die Sicherheitspolitik des Landes überwies der Nationalrat zwei Postulate an den Bundesrat. Konkret soll die Regierung in einem Bericht darlegen, inwiefern die Schweiz von Beeinflussungsaktivitäten und Desinformationskampagnen betroffen ist und was dagegen unternommen werden könnte.

Mit einem zweiten Bericht soll der Bundesrat eine Übersicht der für die Bewältigung von klimabedingten Naturgefahren benötigten Fähigkeiten aufzeigen, welche durch den Bevölkerungsschutz, die Armee oder den Zivildienst erbracht werden müssen, um die Sicherheit in der Schweiz zu gewährleisten.

Der Sicherheitspolitische Bericht wird als nächstes vom Ständerat behandelt. Zum Ukraine-Krieg und dessen Folgen für die Schweiz debattierten in der kommenden Woche beide Räte erneut. Die Ratsbüros gaben vergangene Woche entsprechenden Anträgen Folge.

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