SP-Co-Präsident Wermuth hält Sparmassnahmen nicht für nötig
SP-Co-Präsident Cédric Wermuth kritisierte in einem Interview mit der NZZ die Sparvorschläge der vom Bundesrat eingesetzten Expertengruppe.
Der Co-Präsident der Sozialdemokratischen Partei, Cédric Wermuth, hat in einem Interview der «Neuen Zürcher Zeitung» die Sparvorschläge der vom Bundesrat eingesetzten Expertengruppe kritisiert. Laut der Analyse des Co-Präsidenten hat der Bund kein Ausgabenproblem. Sondern habe in der Vergangenheit auf zu viele Einnahmen verzichtet.
«Wir haben kein Ausgabenproblem, auch hier hat die Arbeitsgruppe unprofessionell gearbeitet. Das Problem ist, dass in den letzten Jahrzehnten für Konzerne und Reiche Steuerprivilegien in Milliardenhöhe eingeführt wurden. Dieses Geld soll nun auf dem Buckel der Allgemeinheit wieder reingeholt werden. Das ist das Gegenteil der sozialen Schweiz», sagte Wermuth laut einem am Donnerstag in der «Neuen Zürcher Zeitung» veröffentlichten Interview.
Wermuth kritisiert Expertenbericht als veraltetes Staatsabbau-Programm
Der Bericht der Expertenkommission erinnere an das alte, neoliberale Programm des Staatsabbaus, sagte Wermuth demnach weiterhin. Dies sei aus der Zeit gefallen. «Die ganze Übung läuft darauf hinaus, eine Reihe von sozial-, gleichstellungs- und klimapolitischen Erfolgen rückgängig zu machen – unter dem Deckmantel einer als alternativlos dargestellten Finanzpolitik.»
Auf die Frage, ob es irgendeinen Sparvorschlag gebe, den er richtig finde, antwortete Wermuth laut NZZ, dass es natürlich Subventionen gebe, über deren Einsparung man diskutieren könne. Zum Beispiel, ob ein Bundesamt oder die Kantonspolizei die Kontrollen am Flughafen sichern solle. Es sei auch richtig, Steuervergünstigungen zu korrigieren. Kürzungen des Bunds seien jedoch nicht nötig, sagte der SP-Co-Präsident demnach.
Auch die Schuldenbremse in Kritik
«Die Schweiz als Ganzes ist reich wie noch nie. Das Geld ist einfach extrem ungleich verteilt, und internationale Konzerne profitieren für den Preis eines Butterbrots von einem Fünf-Sterne-Hotel, das die Bevölkerung in Schuss hält. Finanzpolitik ist vor allem eine Verteilungsfrage: Wer bezahlt was? Mit der Fokussierung auf die Ausgabenseite versucht die Mehrheit in Parlament und Bundesrat, vor allem ihre Klientel schadlos zu halten.»
In dem Interview kritisiert Wermuth auch die Schuldenbremse. «Die Schuldenbremse war immer ein primär politisches Konstrukt. Sie ist dazu da, den Staat zurückzubinden und sozialpolitische Fortschritte zu behindern.»
Überschuss in fast jedem Jahr
Die Schweiz habe heute eine der tiefsten Schuldenquoten der Welt, sagte Wermuth der NZZ. Die Schweiz sei kein Entwicklungsland mit extremer Verschuldung bei internationalen Geldgebern. Sie hätte real Schulden abgebaut.
Kein anderes Land der Welt mache das freiwillig. «Sicher wären für die Schweiz auch doppelt so hohe Schulden problemlos tragbar. Die entscheidende Frage ist immer, ob es besser ist für die Menschen, wenn sie die Investitionen heute tätigen oder nicht.»
Der Schweizer Staat verzeichne seit 2006 in fast jedem Jahr einen Überschuss. Bund, Kantone und Gemeinden hätten enorme Ersparnisse angehäuft. «Die Behauptung, wir lebten über unsere Verhältnisse, stimmt nicht. Wenn schon, dann haben wir unter unseren Verhältnissen gelebt und zu viel bezahlt für zu wenig Leistungen», sagte Wermuth der «Neuen Zürcher Zeitung» weiterhin.