SP-Referendum: So funktioniert die Verrechnungssteuer
Das nächste Referendum zu einer Steuerreform steht. Ein linkes Komitee will die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer verhindern. Nau.ch erklärt die Vorlage.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Herbst stimmt die Schweiz über die nächste Steuerreform ab.
- Der Bund will Teile der Verrechnungssteuer abschaffen – Linke wollen es verhindern.
- Nau.ch erklärt, wie die Steuer funktioniert und die zentralen Argumente pro und contra.
Die SP hat einen Monat nach dem Abstimmungssieg bei der Stempelabgabe erneut ein Referendum eingereicht, um eine Steuerreform zu verhindern. Diesmal soll – mithilfe der Grünen und Gewerkschaften – die geplante Teilabschaffung der Verrechnungssteuer verhindert werden. Nau.ch erklärt, wie diese Abgabe genau funktioniert und wie die geplante Reform aussieht.
Die Verrechnungssteuer fällt bei Kapitalerträgen wie den Sparkonto-Zinsen, Lottogewinnen, Leibrenten, Pensionen und bestimmten Versicherungsleistungen an. Es handelt sich um eine Objektsteuer, sie wird also ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation bei allen gleichermassen erhoben. Der Steuersatz beträgt je nach Bereich 8, 15 oder 35 Prozent.
Sie lässt sich gut an einem konkreten Beispiel aufzeigen: Die Bank schuldet einem Kunden 100 Franken Zinsen. Sie überweist dem Kunden allerdings nur 65 Franken, die restlichen 35 Prozent gehen als Verrechnungssteuer an die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV. Wenn der Kunde seinen Zinsertrag in der Steuererklärung korrekt deklariert, erhält er die 35 Franken von seiner kantonalen Steuerbehörde zurück.
Dieser Vorgang soll die Steuerpflichtigen dazu bringen, ihre Vermögenswerte und die damit erzielte Gewinne dem Fiskus anzugeben. Dadurch soll die Steuerhinterziehung eingedämmt werden.
Allerdings können nur in der Schweiz wohnhafte Personen und Firmen mit Sitz in der Schweiz das Geld zurückfordern. Im Ausland gibt es Ausnahmen für Länder mit einem Doppelbesteuerungsabkommen.
Verrechnungssteuer wird nur teilweise abgeschafft
Mit der Reform der Verrechnungssteuer will der Bundesrat nur einen Teil der Verrechnungssteuer abschaffen. Neu soll auf Obligationszinsen keine Verrechnungssteuer erhoben werden. Obligationen sind eine Art zeitlich begrenzter Kredit von Privatpersonen für Unternehmen oder Staaten. Sie werden auch, wie Aktien, an der Börse gehandelt.
Ebenfalls abgeschafft würde die Umsatzabgabe auf inländische Obligationen. Diese wird auf den Handel mit den Wertpapieren erhoben und beträgt 1,5 Promille des gesamten Kauf- oder Verkaufspreises.
Privatpersonen müssen dagegen auf Zinserträgen von Schweizer Banken und Sparkassen sowie bei Versicherungsunternehmen die Abgabe weiterhin bezahlen.
Reform soll den Schweizer Fremdkapitalmarkt stärken
Mit der Reform soll der hiesige Fremdkapitalmarkt gestärkt werden. Denn aufgrund der Besteuerung emittierten Schweizer Konzerne ihre Obligationen in der Regel im Ausland. Die Wertschöpfung und auch die Arbeitsplätze seien entsprechend im Ausland angesiedelt, schreibt das Eidgenössische Finanzdepartement EFD.
Durch die Reform soll es zu einem einmaligen Ausfall von 1 Milliarde Franken kommen. Dies weil nach der Abschaffung die Beträge weiterhin zurückgefordert würden und auf der Gegenseite die Einnahmen fehlten. Im aktuellen Zinsniveau müsse man in Zukunft jährlich mit Mindereinnahmen im tiefen dreistelligen Millionenbereich rechnen. Der Bundesrat spricht von rund 200 Millionen Franken pro Jahr.
Doch durch die Stärkung des Fremdkapitalmarkts geht das EFD davon aus, dass mittel- und langfristig die Steuereinnahmen steigen werden. Nach rund fünf Jahren sollen die Mehreinnahmen die Steuerausfälle beim Bund bereits decken. Insgesamt sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieser Reform als sehr vorteilhaft zu bewerten.
Die SP kämpft gegen den grossen Steuerplan
Gemäss Referendumskomitee aus SP, Gewerkschaften und Grünen stehe diese Rechnung allerdings «auf wackeligen Füssen». Statt von den derzeitig historisch tiefen Zinsen müsse man von einem normalisierten Zinsniveau von 3 bis 4 Prozent ausgehen. Dann würden nicht 200, sondern jährlich 600 bis 800 Millionen Franken in der Staatskasse fehlen.
Ausserdem stören sich die Gegner daran, dass eine Abgabe abgeschafft werden soll, deren Zweck die Bekämpfung der Steuerhinterziehung ist. Die Steuerhinterziehung werde unweigerlich ansteigen – die finanziellen Folgen müssten die ehrlichen Bürger tragen. Die SP sieht darin einen weiteren Schritt, bis dass am Schluss nur noch Lohn, Rente und Konsum besteuert werden sollen.