SP streitet über ihr neues Wirtschaftspapier
Das neue Wirtschaftskonzept der SP sorgt parteiintern für rote Köpfe. Die Genossen sprechen von «Chaos» und «gefährlichem» Inhalt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SP hat ihr neues Wirtschaftskonzept in die interne Diskussion geschickt.
- Es geht unter anderem um die Einführung einer 35-Stunden-Woche.
- Bei vielen Genossen kommt weder der Entstehungsprozess des Papiers noch der Inhalt gut an.
Es war eine Veröffentlichung ohne viel Pomp. Vorletzte Woche verschickte die SP ihr neues Wirtschaftskonzept in die Vernehmlassung. Für immenses Aufsehen sorgten die Forderungen nach einer 35-Stunden-Woche, nach mehr Sabbaticals und einer Burnout-Versicherung nicht.
Das erstaunt, denn bei der Präsentation eines ersten Entwurfs im Februar wurde an der Delegiertenversammlung noch leidenschaftlich gestritten. Von Nau angefragte SP-Grössen mögen sich aber gar nicht mehr zum Papier äussern.
Interne Kritik an Vizepräsident Beat Jans
Die einen sagen, sie seien in den Ferien, andere haben «keine Lust». Ständerat Daniel Jositsch, der den rechten SP-Flügel vertritt, meldet etwa nach drei Tagen: «Ich habe das Dokument noch nicht analysiert.» Er werde sich erst an der nächsten DV äussern.
Wirtschaftspolitikerin Susanne Leutenegger Oberholzer erklärt, sie habe das Grundlagenpapier noch nicht angeschaut und Nationalrat Matthias Aebischer, der in Wirtschaftsfragen einen pragmatischen Kurs unterstützt, will sich nicht dazu äussern.
Hinter vorgehaltener Hand allerdings brodelt es bei den Genossen. Im Fokus steht SP-Vizepräsident Beat Jans, der das Papier «in einem basisdemokratisch abgestützten Prozess» erarbeitet hat, wie es in der offiziellen SP-Sprachregelung heisst.
Genau das sei allerdings nicht der Fall gewesen, monieren prominente Sozialdemokraten. So habe der Basler die Frauen zu wenig einbezogen, Arbeitsgruppen im Nachhinein entmachtet und das Papier am Ende «praktisch im Alleingang geschrieben», heisst es.
Molina: «Prozess lief nicht optimal»
Offen sagt etwa der Zürcher Nationalrat Fabian Molina: «Es ist kein Geheimnis, dass der von Kollege Jans initiierte Prozess nicht optimal lief.» Diese Kritik lässt Jans nicht gelten. Das Papier sei «von unten entwickelt» worden, sagt er.
Der Basler erwähnt Ideensammlungen, verschiedene Arbeitsgruppen, Tagungen und Workshops. Geleitet worden sei der Prozess von einer 10-köpfigen Steuergruppe, welche das ganze Parteispektrum abgebildet habe und zur Hälfte aus Frauen bestanden sei. Im Laufe des Prozesses sei das Konzept «immer besser» geworden.
Schon jetzt bringe das Papier eine Klärung der SP-Positionen in den Bereichen Digitalisierung, Globalisierung und Wachstumsdilemma. Nach der laufenden Vernehmlassung bei den Sektionen werde das Konzept noch besser, glaubt Jans.
Jans: Genossen hatten keine Zeit
An die Adresse der Kritiker, die monieren, das Papier sei schwammig, zu lang und biete wenig Neues, stichelt Jans: «Ich habe Verständnis dafür, dass die Mehrheit der Fraktionsmitglieder keine Zeit hatte, um in den Arbeitsgruppen mitzuarbeiten oder das Papier zu lesen.»
Sicher ist: Ein grosser Teil des linken Flügels wie auch der Realos in der Partei sind unzufrieden. Letztere ärgern sich, dass die Partei just zur Lancierung des Wahljahrs im Dezember mit Forderungen nach einer 35-Stunden-Woche Schlagzeilen machen wird.
Im Hinblick auf die Wahlen vom Oktober 2019 sei das der «Horror», sagt ein namhaftes Parteimitglied. Manche fürchten gar, dass noch schärfere Forderungen aus den Reihen der Jungsozialisten Eingang ins Grundlagenpapier einfliessen könnten.