SP und Mitte setzen sich bei Sonderdebatte zur Kaufkraft durch
Die Mitte und die linken Parteien setzten ihre Vorstösse zur Stärkung der Kaufkraft im Nationalrat hauchdünn durch. Die SVP fand hingegen keine Unterstützung.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat hat sich in einer Sondersession der Stärkung der Kaufkraft gewidmet.
- Die Mitte und die Linken können dabei Erfolge feiern und zwei Vorstösse durchbringen.
- Da die Liberalen sämtliche Vorschläge ablehnten, war die SVP auf sich allein gestellt.
Inflation, steigende Krankenkassenprämien, stagnierende Löhne: Diese Faktoren führen zu einem Kaufkraftverlust der Schweizer Bevölkerung. Um dieses Problem anzugehen, forderten SP und die Mitte-Partei eine Sonderdebatte im Nationalrat – und hatten damit Erfolg. Am heutigen Montag fand die ausserordentliche Session statt.
Die Ausgangslage war klar: Die SP wollte die tieferen Einkommen mit einer Erhöhung der Prämienverbilligung um 30 Prozent für das Jahr 2023 entlasten. Die Mitte wollte die Beiträge der AHV, IV und Ergänzungsleistungen im Gleichschritt mit der Teuerung erhöhen. Die SVP hingegen wollte die Steuern mit einem vollen Abzug der Krankenkassenprämien und der Abschaffung des Eigenmietwerts kürzen.
Durchgesetzt haben sich hauchdünn «Die Mitte» und die SP. Der Antrag der Mitte (sofortige AHV-Anpassung) wurde mit 99 zu 92 Stimmen angenommen. Die Motion der SP zur Prämienverbilligung erhielt 97 Ja zu 95 Nein-Stimmen. Die restlichen Vorstösse wurden alle klar abgelehnt.
Liberale lehnen sämtliche Vorlagen ab
Die Front für die Sonderdebatte war somit rechts der Mitte abgesteckt. Auf Unterstützung der Freisinnigen konnte die SVP nicht hoffen, wie Regine Sauter deutlich zum Ausdruck brachte: «Die FDP erteilt sämtlichen Vorstössen eine klare Absage.»
Links und Rechts wollten ein Jahr vor den Wahlen nur Zeichen setzen, um echte Lösungen bemühe sich heutzutage kaum noch jemand. Die Teuerung bewege sich in einem bescheidenen Rahmen und sei keineswegs ein Rekord. Die Preise seien nur die Zeichen eines funktionierenden Marktes, wie auch der bereits gesunkene Gasverbrauch zeige.
Ähnlich argumentierte auch Melanie Mettler für die Grünliberalen. Sie findet es grundsätzlich nicht problematisch, wenn die Kosten steigen. Im Gegenzug würde der nicht nachhaltige und subventionierte Konsum gebremst. Die Haushalte sollten nicht vorsorglich mit dem Giesskannenprinzip entlastet werden, daher lehne die GLP ebenfalls alle Vorschläge ab.
Offener Schlagabtausch zwischen Mitte-Links und der SVP
Somit fand der offene Schlagabtausch nur zwischen Mitte-Links und der SVP statt. «Unsere Probleme sind hausgemacht», sagte Martullo-Blocher – und schuld seien die Linken, denn die Verteuerung und Verknappung der Energie sei so gewollt. Nun präsentierten sich die Verursacher der Krise als Retter, indem sie das Geld des Staates verteilen wollten.
Die SP und Grüne hingegen bemängelt, durch die Vorstösse der SVP würden nur die Menschen mit mittleren und hohen Einkommen profitieren. In den Worten von Jacqueline Badran: «Wer viel verdient, kann 250 Franken – oder ein Viertel Gucci-Täschchen sparen. Beim Median-Einkommen sind es aber noch 19.50 Franken.»
Das Instrument der Prämienverbilligung eigne sich hingegen am besten dafür, die Haushalte mit den niedrigen Einkommen zu identifizieren. Somit sei gezielte und schnelle Hilfe möglich, argumentierte Franziska Ryser (Grüne).
Pfister nimmt den Bundesrat in die Pflicht
Mitte-Präsident Gerhard Pfister forderte vom Bundesrat, jetzt der Bevölkerung zu helfen. Die Regierung habe schliesslich auch der UBS damals geholfen, in der Pandemie den Unternehmen und in der aktuellen Energiekrise der Axpo.
Systemrelevante Konzerne zu retten sei zwar richtig, doch die Menschen in diesem Land seien wichtiger. «Wenn die Regierung des reichsten Landes nicht willens ist, den Armen zu helfen, ist das ein Armutszeugnis für die Regierung», so Pfister.
Finanzminister Ueli Maurer warnt vor zu hohen Ausgaben
Der Bundesrat lehnte sämtliche Motionen ab. Finanzminister Ueli Maurer begründete dies damit, dass die Rechtsgrundlage dafür fehle. Denn um die Wünsche nach normalem Prozedere umzusetzen, dauere dies bis 2025 oder 2026. Und das Notrecht sei nicht für solche Situationen geschaffen worden.
Ausserdem warnte Bundesrat Ueli Maurer, die nötigen Mittel seien nicht vorhanden. Wegen der Entscheidungen der letzten beiden Sessionen sei für 2024 bereits mit ungedeckten Ausgaben von 3 Milliarden zu rechnen.
Die Vorstösse von SP und Mitte gehen nun an den Ständerat.