Ständerat: Gründe warum halbe Kantone nur einen Sitz haben

Christoph Krummenacher
Christoph Krummenacher

Bern,

Eine grüne Ständerätin für den bürgerlichen Kanton Basel-Land: Die Vertretung der «kleinen» Kantone im Ständerat macht Sinn, sagt Politologe Claude Longchamp.

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Blick in den Ständeratssaal. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der bürgerliche Kanton Baselland wird künftig von einer grünen Ständerätin vertreten.
  • Dies weckte bei den bürgerlichen Kräften Begehrlichkeiten nach einem zweiten Sitz.
  • Dass halbe Kantone nur eine halbe Standesstimme haben, hat Gründe, erklärt der Politologe.

Jeder Kanton erhält im Ständerat zwei Stimmen. Ausser Basel-Stadt, Basel-Land, Obwalden, Nidwalden, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. Diese Kantone erhalten nur einen Sitz. Im Baselland führt dies nun zu Diskussionen.

Nach der Wahl der grünen Kandidatin Maya Graf forderten bürgerlichen Parteien eine zweite Stimme. Mit knapp 290'000 Einwohnern ist der Kanton etwa achtmal so gross wie der Kanton Uri, welcher zwei Ständeräte hat.

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Maya Graf, hier im Nationalratssaal, vertritt den Kanton Basel-Land künftig im Ständerat. - Keystone

Dass die oben genannten sechs Kantone beim Ständemehr nur halb zählen und nur durch eine Stimme im Ständerat repräsentiert sind, hat historische Gründe, erklärt Politologe Claude Longchamp. «Die ehemaligen Halbkantone gingen aus einer Kantonsspaltung hervor. Sie haben ihre damaligen Rechte geteilt.»

Bei den beiden Appenzell und bei Nid- und Obwalden mache dies Sinn, bei den beiden Basel könne man das aufgrund der Grösse diskutieren, so Longchamp. «Allerdings wäre das ein Präjudiz: Wenn sich beispielsweise Bern in Stadt und Land aufteilen würde, wäre man zwei Kantone mit vier Stimmen im Ständerat.»

CVP und FDP würden von gleichwertiger Vertretung im Ständerat profitieren

Die Diskussion um die Standesvertretung flackere seit den 1980er Jahren immer wieder auf. Zuletzt 2011, ebenfalls um die beiden Basler Kantone. Mit der Begründung, dass die politische Zersplitterung der Region gefördert werde, wurde eine entsprechende Verfassungsänderung jedoch bekämpft – selbst in den betroffenen Kantonen.

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Claude Longchamp, Politikwissenschaftler. - Keystone

Ein Argument sei indes auch, so Longchamp, dass die halben Kantone alle in der Deutschschweiz liegen. Bei einer Anpassung ihrer Stimme würde die Deutschschweiz daher bevorteilt. Und: «Aufgewertet würden CVP und FDP.» Denn sie sind in den halben Kantonen – außer Basel-Stadt – stark.

Der Ständerat sollte gemäss der Verfassung von 1848 den kleinen Kantonen ein überproportionales Stimmengewicht geben und so die Grosse Kammer ausgleichen, bei der sich die Sitze je Kanton nach der Bevölkerungsgrösse richten. «Demokratietheoretisch gibt es die Gleichheit der Stimmen beim Volksmehr und die Gleichheit der Kantone beim Ständemehr», erklärt Longchamp. «Ein Urner zählt also nicht mehr als ein Zürcher. Aber Uri zählt gleich viel wie der Kanton Zürich.»

Ständeräte richten sich meist nach Kantonsregierung

Unbestreitbar würden die Kantone als Identifikation vor allem für mobile Menschen an Bedeutung verlieren, so der Politikwissenschaftler. Doch eben nicht überall. Nicht ohne Grund sei bisher noch jede Diskussion um eine Fusion von Kantonen gescheitert.

«Die Kompetenzen der Kantone als Einheit bleiben aber beträchtlich. Vor allem in Steuerfragen, aber auch bei Gesundheit und Schulen verteidigen die Kantone ihre Hoheiten. «Starke Kantone sind auch ein Gegenstück zu Sprachregionen, welche die Schweiz spalten könnten.»

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Das Bundeshaus in Bern. - Keystone

Dass die Bürgerlichen in Baselland Vorbehalte haben, dass sie durch die grüne Maya Graf angemessen vertreten werden, sei verständlich. Doch: «Kantonsinteressen werden meist von der Kantonsregierung identifiziert und vorgespurt», erklärt Longchamp.

Maya Graf werde künftig sicher frühzeitig involviert werden und kann da kaum gegen die eigene Regierung stimmen. «Sie kann aber im Vorfeld Position beziehen und Einfluss nehmen.» Da könne die Partei eine Rolle spielen, aber auch die Regierungstreue oder wie man zu Kompromissen steht.

«Das Problem sehe ich eher institutionell», bilanziert Longchamp. Er gibt zu bedenken, dass jede Änderung weitere Begehrlichkeiten auslöse. «Ich finde, man sollte Frau Graf eine Chance geben, sich zu bewähren.»

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