Zauberformel passé? Wie der Bundesrat das Volk besser vertreten soll
Die klassische Zauberformel scheint an ihr Ende gekommen. Über die mögliche neue Zusammensetzung im Bundesrat wird heftig debattiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zauberformel definiert seit 1959, welcher Partei wie viele Bundesratssitze zustehen.
- Nach den Wahlen 2019 wird diskutiert, ob die Formel noch ihren Zweck erfüllt.
- Ein Vorschlag will den Bundesrat gar auf neun Mitglieder erhöhen.
Im Bundeshaus in Bern vertreten Politiker die Schweizer Bevölkerung. National-, Stände- und Bundesräte sollen also möglichst repräsentativ sein für die Zusammensetzung der Gesellschaft. Doch: Seit den Wahlen vor gut einer Woche sind weniger als 70 Prozent der Wählenden im Parlament vertreten. Die Regierungsparteien werden von etwas mehr als zwei Dritteln unterstützt.
Bei den Wahlen sorgte die Grüne Welle für grosse Verschiebungen im Parlament: Bürgerliche Parteien sowie die SP mussten massive Verluste einstecken. Zulegen konnten dagegen die Grünen sowie die Grünliberalen. Zur Debatte steht nun auch die Parteienvertretung im Bundesrat.
Nach welchen Kriterien soll die Regierung zusammengesetzt sein?
Heute sind SVP, SP und FDP mit zwei, die CVP mit einem Sitz in der Landesregierung vertreten. Belässt man diese Verteilung und passt sie an die aktuellen Wähleranteile an, müsste die CVP ihren Sitz an die Grünen abgeben, welche die CVP bei den Wahlen überholt hatten.
Nimmt man die Wähleranteile als Massstab, wäre die SVP als einzige Partei mit zwei Bundesräten vertreten, während SP, FDP, CVP, Grüne und GLP je einen Bundesrat stellen würden.
Schliesslich könnte man sich auch an der Sitzverteilung im Nationalrat orientieren. Diese Methode bevorteilt die grossen Parteien. Die SVP erhielte demnach drei Bundesratsmandate, auf SP, FDP, CVP und Grüne entfielen je ein Sitz.
Neue Ideen im Gespräch
Politologe Claude Longchamp schlägt vor: Eine Bundesratspartei muss mindestens zehn Prozent Wähleranteil, mindestens drei Ständeratssitze und fünf Regierungsrätinnen haben. Das garantiere, dass nur abgestützte Parteien in diese Position kommen, so Longchamp. Den Grünen fehlt dafür lediglich noch ein Ständeratssitz, sie könnten diesen jedoch in Zürich noch holen.
SP-Parteichef Christian Levrat brachte derweil eine weitere Variante ins Spiel. Am Wochenende verlangte er eine Erweiterung des Bundesrats auf neun Sitze. Für ihn steht die Regierung in der aktuellen Zusammensetzung zu weit rechts.
Mit zwei zusätzlichen Bundesräten liesse sich die Parteien sowie die Regionen besser in der Landesregierung abbilden. Für die Mitglieder bedeutete dies zudem eine Entlastung. Eine solche Änderung würde eine Volksabstimmung erfordern.
Auch alt Bundesrat Christoph Blocher beteiligte sich an der Diskussion. Er schlägt eine neue Formel vor: Die SVP erhält als grösste Partei zwei Bundesratssitze, die fünf mittelgrossen Parteien je einen. Das würde bedeuten, dass sowohl FDP wie SP je einen Sitz abtreten müssten.
Hingegen hält Grünen-Präsidentin und Wahlsiegerin Regula Rytz an ihrer Verschiebung innerhalb der klassischen Zauberformel fest. Für sie ist klar, dass die FDP ihren zweiten Sitz an die Grünen abtreten muss. Im Visier hat sie dabei Aussenminister Ignazio Cassis.
Zauberformel an ihrem Ende?
Eine erste Verschiebung innerhalb der Zauberformel, welche seit 1959 bestand hatte, gab es 2003. Die SVP verlangte aufgrund ihrer Wählergewinne ab den 1990er Jahren einen zweiten Bundesrat. Dies gelang mit der Wahl von Christoph Blocher, welcher CVP-Bundesrätin Ruth Metzler ausstach.
Mit Samuel Schmid und Eveline Widmer-Schlumpf verlor die SVP zwischenzeitlich beide Mandate wieder. Erst 2015 war die alte Ordnung wieder hergestellt, als Guy Parmelin auf Widmer-Schlumpf folgte.
Bereits am 11. Dezember wird der Bundesrat neu gewählt. Die Bisherigen treten wieder an. Eine grüne oder grünliberale Kandidatur ist bisher keine auf dem Tisch.