Streit um Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Zinserträgen

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Bern,

Die Reform der Verrechnungssteuer hat im Nationalrat gute Chancen. Diese wird am Dienstag besprochen. Kritik kommt von links.

Es reichte nicht: Je näher das Abstimmungsdatum kam, umso tiefer war die Zustimmung zur Juso-Initiative. (Archivbild)
Es reichte nicht: Je näher das Abstimmungsdatum kam, umso tiefer war die Zustimmung zur Juso-Initiative. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Nationalrat beschäftigt sich am Dienstag mit einer Vorlage zur Verrechnungssteuer.
  • Diese dürfte im Rat gute Chancen haben, ausser bei den linken Parteien.
  • Mit der Reform sollen inländische Obligationen attraktiver werden.

Zwei Tage nach dem Nein der Stimmbevölkerung zur 99-Prozent-Initiative der Juso beschäftigt sich der Nationalrat am Dienstag als Erstrat mit einer weiteren Steuervorlage. Die Reform der Verrechnungssteuer hat im Nationalrat gute Chancen. Kritik kommt von links.

Attraktive inländische Obligationen

Der Bundesrat will mit einer Änderung des Verrechnungssteuergesetzes den Standort Schweiz für den Fremdkapitalmarkt und für Konzernfinanzierungsaktivitäten aller Branchen stärken.

Er sieht vor, die Verrechnungssteuer auf Zinserträgen ausser bei Bankzinsen für inländische natürliche Personen abzuschaffen und die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen aufzuheben.

Damit soll es attraktiver werden, inländische Obligationen über einen inländischen Effektenhändler zu erwerben. Dank der Reform soll die bisher im Ausland getätigte Ausgabe von Obligationen künftig vermehrt aus der Schweiz heraus erfolgen, wie es in der Botschaft zum Entwurf heisst.

Laut dem Bundesrat führt die Reform zu einmaligen Mindereinnahmen von geschätzt einer Milliarde Franken. Dazu kommen gemäss Botschaft wiederkehrende «statische» Mindereinnahmen von 170 Millionen Franken. Zudem führe die Aufhebung der Umsatzabgabe auf inländischen Obligationen beim Bund zu jährlichen Mindereinnahmen von 25 Millionen Franken.

Geschäfte zurück in der Schweiz

Nun ist der Nationalrat am Zug. Die Mehrheit seiner Finanzkommission (FK-N) und seiner Wirtschaftskommission (WAK-N) begrüssen die Reform. Auch wenn die derzeitige Lage des Bundeshaushaltes schwierig sei, sei die Vorlage finanzpolitisch vertretbar, da sie nach Ausfällen in den ersten Jahren mittelfristig zu Mehreinnahmen führen sollte.

Die bürgerliche Mehrheit argumentiert, dass mit der Revision der Finanzplatz gestärkt werde und ins Ausland abgewanderte Geschäfte wieder in die Schweiz zurückgeholt werden könnten. Die Verrechnungssteuer und die Umsatzabgabe wirkten sich heute hemmend auf den schweizerischen Fremdkapitalmarkt aus.

In der Vernehmlassung zur Vorlage hatte eine grosse Mehrheit die Auffassung geteilt, dass im Bereich des Fremdkapitalmarktes Reformbedarf bestehe. Der Bundesrat verzichtete aber aufgrund der Rückmeldungen auf eine Stärkung des Sicherungszwecks der Verrechnungssteuer. Bereits im heutigen System sind ausländische Zinsen «unbesichert».

Die allfällige Schwächung des Sicherungszwecks ist in den Augen der Mehrheit der WAK-N vor allem angesichts der derzeit sehr tiefen Zinsen zu relativieren. Die Reform werde zwar vorübergehende Steuereinbussen zur Folge haben. Mittelfristig werde sie aber zu neuen Arbeitsplätzen in der Schweiz führen und sich daher selbst finanzieren.

Kein umfassender Ansatz

Für die linke Minderheit in der Kommission ist es dagegen nicht der richtige Zeitpunkt für kurzfristige Steuerausfälle. Sie befürchtet, dass die Schwächung des Sicherungszwecks infolge der Teilabschaffung der Verrechnungssteuer die Steuerhinterziehung begünstigen und den aufgrund der Corona-Krise bereits angeschlagenen Bundeshaushalt weiter belasten werde.

Sie verweist zudem darauf, dass derzeit noch andere kostspielige Reformen laufen, unter anderem das OECD-Projekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft. Die Linken bedauern, «dass es keinen umfassenden Ansatz für diese verschiedenen Vorhaben gibt». Zudem weisen SP und Grüne darauf hin, dass aufgrund der derzeit tiefen Zinsen zwar mit geringen Steuerausfällen gerechnet werde, diese aber deutlich höher ausfallen könnten, sollten die Zinsen steigen.

Der Nationalrat wird nach der Eintretensdebatte über einen Nichteintretensantrag und zwei Rückweisungsanträge abstimmen. Aufgrund der deutlichen Stimmenverhältnisse in der Kommission dürften diese aber chancenlos sein.

In der anschliessenden Detailberatung geht es um mehrere Bestimmungen, die gegenüber dem Entwurf des Bundesrates geändert werden sollen, ohne jedoch den Kern der Vorlage infrage zu stellen. So soll auch die Verrechnungssteuer auf den Zinsen von indirekt über einen Schweizer Anlagefonds gehaltenen Obligationen abgeschafft werden, sofern diese Zinserträge separat ausgewiesen werden.

Abschaffung der Emissionsabgabe

Was die Umsatzabgabe angeht, so beantragt die Kommission, diese nicht nur auf Schweizer Obligationen, sondern auch auf ausländischen Obligationen mit einer Restlaufzeit von nicht mehr als zwölf Monaten abzuschaffen. So soll der Markt für diese Art von Wertschriften in die Schweiz verlegt werden.

Kein Thema mehr ist dagegen die Abschaffung der Umsatzabgabe auf ausländischen Wertschriften sowie der Abgabe auf Sach- und Vermögensversicherungen. Die Nationalratskommission beantragt oppositionslos, die entsprechende Vorlage abzuschreiben.

Sie will sich auf andere Steuerdossiers wie die Verrechnungssteuerreform oder die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital fokussieren. Gegen die letztgenannte Vorlage wurde kürzlich von linken Parteien das Referendum ergriffen.

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