Strommangel: Opfert der Bund Aare-Fische für AKW-Betrieb?
Das AKW Beznau heizt die warme Aare weiter auf. Dennoch lässt der Bund es weiterlaufen. Umweltschützer sind schockiert, der Fischereiverband zeigt Verständnis.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Rekordtemperaturen der Aare können für die Fische ein tödliches Ende bedeuten.
- Das AKW Beznau darf trotzdem Strom produzieren und so die Aare weiter anheizen.
Mit der anhaltenden Hitze wärmen sich die Schweizer Gewässer auf wie kaum je zuvor. In elf Fällen hat das Bundesamt für Umwelt im Juli gar Allzeit-Rekordwerte gemessen. Die hohen Wassertemperaturen laden zum Baden ein, sind für die Fische aber eine immense Belastung.
Besonders schlimm ist die Situation unterhalb des AKW Beznau AG. Aufgrund des Kühlwassers der Reaktoren hat sich die Aare in den letzten Tagen auf über 25 Grad aufgeheizt. Gemäss einer Verordnung dürfte das eigentlich nicht passieren.
Doch das Bundesamt für Energie (BfE) von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) hat mit Verweis auf die Versorgungssicherheit grünes Licht gegeben für den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks. Die Überlegung dahinter: Fehlt der AKW-Strom, müssten die Schweizer Speicherseen schon jetzt angezapft werden. Diese Energie würde dann im Winter fehlen.
Umweltschützer zeigen sich schockiert. Florian Kasser von Greenpeace sagt, die Temperaturen vieler Gewässer seien bereits bedenklich hoch. Das belaste die Ökosysteme enorm. «Wenn der Bund zulässt, dass das AKW Beznau die Aare noch weiter aufheizt, ist es tragisch für die Fische im Fluss», so Kasser.
Denn die Tiere würden bei solch hohen Temperaturen kaum genügend Sauerstoff erhalten. «Das AKW sollte zumindest für einige Wochen runtergefahren werden», fordert er deshalb. Dezidierter sieht das allerdings der Schweizerische Fischereiverband, der von den Behörden vorinformiert wurde.
Fischereiverbands-Präsi hat «gewisses Verständnis»
Dieser wird vom Solothurner SP-Ständerat Roberto Zanetti präsidiert. Er sagt zum Entscheid aus dem Departement seiner Parteikollegin: «In Anbetracht der drohenden Strommangellage im Winter bedaure ich zwar den Entscheid, aber ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass der Bund das AKW trotz hoher Wassertemperaturen weiterlaufen lässt.»
Die «extrem schwierige Situation» sei ein Vorgeschmack auf «Diskussionen, welche wir in den nächsten Monaten führen müssen», so Zanetti. Im Zusammenhang mit der Stromversorgung existierten immense Interessensgegensätze. «In diesem Fall sind die Fische betroffen», seufzt er.
«Immerhin» werde seitens der Betreiberin Axpo «zugesichert, dass die Leistung situativ auf etwa die Hälfte reduziert wird». Zanetti erinnert daran, dass 2018 eine ähnliche Situation geherrscht habe. Damals sei eine Katastrophe in Form eines Fischsterbens ausgeblieben.
«Stress verursachen die Temperaturen nicht für alle Fische, sondern primär für Forellen und Äsche», so der SP-Politiker weiter. Es sei nun zu hoffen, dass es etwas kühler wird und auch regnet.
Grünen-Girod: «Wir machen Energiepolitik auf Kosten unserer Fische»
Diese Hoffnung reicht nicht allen. Grünen-Nationalrat Bastien Girod sagt: «Wir dürfen nicht unsere Natur opfern, damit AKW weiterlaufen können.» Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, brauche es Sparmassnahmen statt «gefährliche Kraftwerke», welche das Ökosystem gefährdeten.
Für Girod ist klar: «Beznau sollte sofort abgeschaltet werden, sonst machen wir eine Energiepolitik auf Kosten unserer Fische.»
Florian Kasser von Greenpeace ergänzt: «Um die Versorgungssicherheit im Winter zu gewährleisten, braucht es simple Sparmassnahmen.» So könnten etwa Geschäfte verpflichtet werden, die Türe zu schliessen, wenn die Klimaanlage laufe. Das schmerze niemanden.