Bestärkt durch Umfrageresultate und das Vorgehen von Deutschland fordert die SVP Grenzkontrollen. Vertreterinnen von Mitte-Links sehen dies differenziert.
SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi im Interview mit Nau.ch zur Zuwanderung und der Forderung nach Grenzkontrollen. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Gemäss Umfrage befürwortet eine Mehrheit der Bevölkerung Massnahmen bei der Zuwanderung.
  • Die SVP fordert sofortige Grenzkontrollen – auch, weil dies Deutschland bereits macht.
  • Andere Parteien beschwichtigen und verweisen auf andere Themen der Umfrage wie Elternzeit.
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Ein Zuwanderungsverbot lehnt die überwiegende Mehrheit der Schweizer Bevölkerung gemäss einer aktuellen Umfrage zwar ab. Dass die Wirtschaft von der Zuwanderung profitiert oder in gewissem Masse auch braucht, sieht man ein.

Aber Massnahmen zur Zuwanderungs-Steuerung beziehungsweise zur Abfederung der Folgen einer 10-Millionen-Schweiz: Solches fordert Mehrheiten von etwas mehr als der Hälfte bis zu drei Vierteln der Befragten. Dabei geht es unter anderem um ÖV-Ausbau, mehr Kitas, ein Zuwanderungs-Steuerungs-System oder eine Mietpreis-Deckelung.

SVP-Aeschi: «Wir verlangen umgehend Grenzkontrollen»

«Das überrascht die SVP überhaupt nicht», sagt SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi. Er verweist auf Massenzuwanderungsinitiative, der die Bevölkerung 2014 ja auch zugestimmt hat. «Bundesrat und Parlament haben die Initiative nie umgesetzt», streicht Aeschi heraus. Deshalb habe die SVP jetzt die neue Initiative lanciert, «Keine 10-Millionen-Schweiz».

Angesichts der Umfrage-Ergebnisse findet Aeschi: «Es ist jetzt höchste Zeit, dass das Parlament endlich die Kontingente und Höchstzahlen umsetzt, so wie vom Volk beschlossen.»

Grenzkontrollen
Beamte der Bundespolizei kontrollieren Fahrzeuge an einem Grenzübergang zwischen Deutschland und Polen. - Frank Hammerschmidt/dpa

In Sachen Grenzkontrollen schlägt derweil Deutschland Pflöcke ein: Trotz Schengen-Abkommen werden diese an den Grenzen zur Schweiz, Polen und Tschechien weitergeführt. Dies zeigt für Thomas Aeschi, dass die Aussage von Justizminister Beat Jans absolut falsch sei: Grenzkontrollen nützten eben doch etwas. Jetzt müsse gehandelt werden, damit nicht Tausende Migranten auf dem Weg nach Deutschland in der Schweiz festsässen. «Wir verlangen umgehend auch Grenzkontrollen an der Schweizer Grenze», macht Aeschi unmissverständlich klar,

SP verweist auf alle weiteren Umfrage-Resultate

Nicht überrascht vom Umfrage-Ergebnis ist auch SP-Nationalrätin Nina Schläfli. Das Thema Zuwanderung bewege emotional und werde breit diskutiert. Sie verweist aber auf die für sie überraschenden Ergebnisse: «Zum Beispiel, dass die Bevölkerung mehr Massnahmen im Bereich des Mietschutzes braucht. Aber auch, dass Elternzeit plötzlich mehrheitsfähig ist.»

SP-Nationalrätin Nina Schläfli verweist auf die Zustimmung zu vielen anderen Themen in der Umfrage, abgesehen von der Sorge um die Zuwanderung. - Nau.ch

Klar sei aber schon, dass geklärt sein müsse, inwiefern andere Punkte, wie die Grenzkontrollen, machbar oder auch sinnvoll seien. Als Thurgauerin weiss Schläfli: «Deutschland sagt, sie machten Grenzkontrollen, aber das zählt nicht für jeden Grenzabschnitt – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.»

Soll die Schweiz ebenfalls verstärkte Grenzkontrollen einführen?

Grenzkontrollen seien ja nicht mit dem Schengen-Abkommen vereinbar, was Deutschland auch zu spüren bekommen werde. Deshalb müsse man zusammen mit Europa eine Lösung finden.

Mitte-Binder: Zuwanderung soll Thema bei EU-Verhandlungen sein

Die Politik müsse die Fragen durchaus ernstnehmen, betont Mitte-Ständerätin Marianne Binder. «Es wird immer enger, immer dichter» – aber der Mehrwert der Zuwanderung für die Volkswirtschaft werde gesehen. Auch bei den Verhandlungen mit der EU müsse einfliessen, dass die Schweiz die zweithöchste Zuwanderung Europas habe.

Die Schweiz soll das Thema Zuwanderung auch gegenüber der EU in die Wagschale werfen, findet Mitte-Ständerätin Marianne Binder, - Nau.ch

Binder zeigt Verständnis dafür, dass Deutschland seine Grenze vermehrt kontrolliert. «Es zeigt ja auch, dass man in Notsituationen einseitig Massnahmen ergreifen kann.»

Für die Schweiz gelte dies momentan aber nicht. Sie gibt aber zu bedenken: «Man weiss nie, wie sich das entwickeln könnte». In Deutschland gehe es aber primär um Menschen, die Verbrechen begingen, in der Schweiz um die Zuwanderung in die Arbeitswelt.

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