SVP Fraktionschef Thomas Aeschi zeigt Herz in Mosambik
Mit ihrem humanitären Engagement ist die SVP nicht bekannt geworden. Doch in Wahlkampf- und Themenmangel-Zeiten scheint sie ihren Kurs zu ändern. Wirklich?
Das Wichtigste in Kürze
- SVP-Nationalrat Aeschi reiste für zwei Tage mit Aussenminister Cassis nach Mosambik.
- Aeschi möchte mehr Geld in die humanitäre Hilfe vor Ort stecken.
- Dafür soll bei den Geldern an EU und UNO gespart werden.
Zwei Szenen, ein Mann. Erste Szene, Mai 2019. Leutschenbach ZH. Streitgespräch in der SRF «Arena» zur Entwicklungshilfe.
SVP-Hardliner Thomas Aeschi blickt ernst. Er stellt sich klar hinter die neue Strategie von Bundesrat Ignazio Cassis.
SVP will Migration verhindern
Da ist etwa der Basler SVP-Grossrat Alexander Gröflin. Er packte mit der Stiftung «Give a Chance» beim Schulbau in Kamerun mit an.
Die Schweizer Hilfe soll ihren Effort auf die Verhinderung von Migration konzentrieren. Und dafür sorgen, dass Herkunftsländer abgewiesene Asylbewerber aus der Schweiz zurücknehmen.
Ginge es nach Aeschi, flösse in den «UNO-Topf» kein Rappen mehr. Denn der UNO-Migrationspakt würde bloss «hunderte Millionen Klimaflüchtlinge» nach Europa bringen.
Zweite Szene, August 2019, Mosambik. Offenes Hemd, gelöstes Lachen, glänzende Wangen. SVP-Fraktionschef Aeschi strahlt inmitten eines Pulks winkender, afrikanischer Kinder.
«Das war bei der Besichtigung einer Schule», erzählt Aeschi gegenüber Nau. «Die Familien mussten hierher fliehen, weil ihr Daheim nach dem Zyklon im Frühling in der gefährdeten Zone liegt.»
Zahlreiche Kinder seien Halb- oder Vollwaisen. «Ich habe mit einer Frau gesprochen, die zusätzlich zu ihren eigenen Kindern noch fünf Waisen aufzieht. Sie sorgt für sie, als wären es ihre eigenen Kinder.»
Emotionale Szenen in Mosambik – Hass auf Twitter
Emotionale Szenen. Aeschi spricht von einer «Tragödie», aber auch von «Hoffnung» und «starken Eindrücken». Als er von der Frau mit mittlerweile acht Kindern erzählt, schwingen Bewunderung und Respekt mit.
Auf Twitter schreibt der SVP Nationalrat zum Bild: «Schweizer humanitäre Hilfe vor Ort in Beira, Moçambique, das im Frühling schwer von einen Zyklon getroffen wurde.» Die Twitter-Gemeinde ist alles andere als beglückt.
Eine Katastrophe kommt selten allein. Nach Zyklon folgt Aeschi. Das haben die armen Leute dort nun wirklich nicht verdient
— Roger Kollywood (@frteac) August 7, 2019
«Heuchler», kommentiert einer.
«Haben Sie diesen Menschen auch gesagt, dass Sie die Hilfe an sie stark kürzen wollen? Oder ist das nur eine Alibiübung vor den Wahlen! Bringt Ihnen keine einzige Stimme mehr, da total unglaubwürdig!», ein anderer.
«Eine Katastrophe kommt selten allein. Nach Zyklon folgt Aeschi. Das haben die armen Leute dort nun wirklich nicht verdient», ein Dritter.
#Mosambik, August 2019: Von einem Zyklon verwüstet und der @CSschweiz in krimineller Weise ruiniert.@thomas_aeschi: Im normalen Leben schürt er beruflich Rassismus, will die Entwicklungsgelder um 1 Mia. Fr. kürzen und ist Ex-CS-Banker.
— Fabian Molina ✊🌹🌍 (@FabianMolinaNR) August 7, 2019
Aber dieses Jahr sind ja Wahlen. https://t.co/Qli1XQiRZ8
Auch Ratskollege Fabian Molina (SP) greift in die Tasten: «Mosambik, August 2019: Von einem Zyklon verwüstet und der Credit Suisse in krimineller Weise ruiniert. Thomas Aeschi: Im normalen Leben schürt er beruflich Rassismus, will die Entwicklungsgelder um eine Milliarde Franken kürzen und ist Ex-CS-Banker. Aber dieses Jahr sind ja Wahlen».
Das Herz des Thomas Aeschi
Vollzog SVP-Mann Aeschi auf der zweitätigen Reise nach Moçambique etwa einen Kurswechsel? Er begleitete Aussenminister Cassis bereits zum zweiten Mal in das von Konflikten und Naturkatastrophen gebeutelte Land. Eine gute Gelegenheit, um den Posten «Empathie» auf dem Wählerkonto aufzufüllen?
In etwa so glaubwürdig wie #glarner, der ein Baby küsste...
— michel (@emundem164) August 7, 2019
Aeschi schüttelt den Kopf. «Die EU-Kohäsionsmilliarde für Osteuropa, die wollen wir nicht bezahlen. Weil wir damit Länder finanzieren, deren Angehörige uns die Jobs wegnehmen.» Aber die Kohäsionsmilliarde gen Osten ist nicht das Einzige, was die SVP streichen möchte.
Auch bei der Entwicklungshilfe in Afrika will sie den Rotstift ansetzen. «Bei den UNO-Programmen haben wir grosse Vorbehalte. Bei diesen grossen Töpfen weiss man nicht, was mit dem Geld passiert. Viel versickert in der Administration, statt den Menschen vor Ort zu Gute zu kommen.»
Haben Sie diesen Menschen auch gesagt, dass Sie die Hilfe an sie starkt kürzen wollen? Oder ist das nur eine Alibiübung vor den Wahlen! Bringt Ihnen keine einzige Stimme mehr, da total unglaubwürdig!
— René Zollinger #StandWithUkraine (@zollinger_rene) August 8, 2019
Ein Widerspruch? Aeschi schüttelt den Kopf. «Mosambik ist ein gutes Beispiel dafür, was ein Steuerfranken in der humanitären Hilfe vor Ort bewirken kann. » Dann könne mit schlanken Strukturen gezielt geholfen werden.
«Diese Art der humanitären Hilfe direkt vor Ort, genau dann, wenn sie gebraucht wird, unterstützt die SVP.»
Humanitäre Hilfs-Strategie der SVP
Die Tage in Mosambik hätten Aeschi und die SVP in dieser Strategie bestärkt. «Wir waren an der Friedenszeremonie zwischen den Rebellen und der Regierung. Der erste, der sprechen durfte, war Mirko Manzoni, Schweizer Botschafter in Maputo.»
Als letzte Gastrednerin habe eine Vertreterin der EU gesprochen. «Das zeigt den Stellenwert der Schweizer Dienste im Ausland – auch im Vergleich zu jenen der EU.»
Was, wenn die humanitäre Hilfe nicht im Sinne Aeschis ausgebaut wird? Nimmt er die Sache dann selber in die Hand? Der erste SVPler in der afrikanischen Entwicklungshilfe wäre er nicht.
Bei einer solchen Tätigkeit dürfte man Aeschi so bald aber nicht sehen. «Ich bin gewählter Volksvertreter und arbeite daneben in der Privatwirtschaft.»
Um ein eigenes Hilfsprojekt auf die Beine zu stellen, fehle die Zeit. «Täte ich das, dann wollte ich auch wirklich involviert sein. Nicht nur auf dem Papier mit dabei – wie das viele Linke gerne tun.»