Ueli Maurer fährt SP-Levrats Auto heim – und dann wirds kompliziert
Die unglaubliche Geschichte, wie Schweizer Spitzenpolitiker parteiübergreifend den Abend retteten – und es ging noch nicht mal um Politik.
Das Wichtigste in Kürze
- SP-Präsident Christian Levrat befand sich in einem familiären Termin-Dilemma.
- Dank der Hilfe aus CVP und SVP konnte er es trotz zahlreichen unerwarteter Hürden lösen.
- Doch die Geschichte hat einen Haken… oder zwei.
Zunächst: Ja, SP-Präsident Christian Levrat, der mit Marshall-Plänen, ÖV und Benzinsteuer die Schweiz retten will, besitzt ein Auto. Doch das ist die am wenigsten überraschende Erkenntnis aus dieser von der «NZZ» aufgedeckten Geschichte. Schliesslich ist Levrat Garagisten-Sohn. «Drei Politiker und eine Maturfeier», die Geschichte, wie der Bundespräsident links fährt und der CVP-Ständerat für einen guten Zweck lügt.
Und das kam so
Die Wirtschaftskommission des Ständerats tagt Donnerstag/Freitag ausnahmsweise in Kriegstetten SO statt im Bundeshaus. Beim kollegialen Znacht plaudert der SP-Präsident über seine Juso-Tochter, die Freitags ihre Maturfeier habe. Welcher er wegen obengenannter Kommissionssitzung nicht beiwohnen kann.
Entsetzen bei CVP-Ständerat Konrad Graber, bei dem Familie vor der Politik zu kommen scheint, doch Levrat bangt um das Traktandum Versicherungsvertragsgesetz. Die originelle Lösung Grabers: Er werde Levrat vertreten. Nicht an der Feier, sondern in der Kommissionssitzung: Graber will einfach wie SP-Ständerat Roberto Zanetti stimmen. Obwohl er dazu ein übers andere Mal über seinen eigenen Schatten springen muss.
Einer für alle, alle für Levrat
Am nächsten Morgen akzeptiert Levrat das Angebot, sein Problem ist aber noch nicht gelöst. Levrats Auto bleibt zu, verloren ist der Schlüssel, ach, der sozialdemokratischen Karosse. Erneut springt der politische Gegner in die Bresche: Bundespräsident Ueli Maurer, als Finanzminister mit an der Sitzung, anerbietet seine Limousine samt Chauffeur.
Der solchermassen privilegierte Vertreter des unteren Mittelstands gondelt sanft ins Freiburgische. Die Gondel selbst kehrt chauffiert, aber leer, nach Kriegstetten zurück. Doch wie so oft bei politischen Lösungen wurde nicht ganz alles bedacht. Ein neues auto-geografisches Problem erfordert neue Kombinatorik.
Die Schlüsselfrage
Der Chauffeur findet den Schlüssel zu Levrats Auto dort, wo natürlich niemand gesucht hat (Politiker halt…): Im Auto. Das ist gut, doch sollte das entschlüsselte Auto ja nicht in Kriegstetten, sondern Vuadens FR sein. Aber Maurer («ich bin ein Zahlenmensch») macht die Rechnung: Zwei Personen, zwei Autos, eine Lösung.
Sein Chauffeur macht abermals eine Leerfahrt, der Bundespräsident setzt sich an den Volant von Levrats Auto. Solchermassen gelangen alle und alles nach Bern, wo Levrat ja früher oder später wieder auftauchen wird. Nach der Maturfeier der Tochter.
Spoiler alert!
Ein Happy End? Beinahe. Roberto Zanetti simst Levrat, Graber habe stets korrekt gestimmt. Die Familienpolitik von SVP und CVP hat mit nur ganz wenig Moglerei das SP-Familienglück gerettet. Ein gutschweizerischern Kompromiss – wenn da nicht ein Haken wäre.
Denn Zanetti ist noch nicht fertig mit seinem Chef: Dieser solle doch sein Auto in Zukunft besser aufräumen, simst er weiter. Scheint’s komme es vor, dass auch SVP-ler damit herumführen und – zufällig – SP-Strategien erblicken könnten. Womit wir wohl leider zum Spoiler kommen.
Nein, nicht auch noch ein Heckspoiler; ein Spoiler, die Vorwegnahme eines Handlungselements, die den Genuss am vollständigen Werk verdirbt. Die SVP ist wohl jetzt bereits im Besitz des SP-Wahlkampf-Geheimplans, den sie in ihrem Wahlkampf-YouTube-Epos sucht. Sie brauchen also nicht weitere Episoden abzuwarten. Sorry.