Verbot von russischen Sendern für Parmelin «sehr heikle Frage»
Laut Parmelin könnte ein Verbot von Russia Today und Sputnik als Zensur ausgelegt werden. Die Bevölkerung würde «absurde Propaganda» als solche erkennen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Verbot russischer Sender ist laut Parmelin heikel. Die EU hat es bereits umgesetzt.
- Es könnte aber als Zensur ausgelegt werden und die Portale noch attraktiver machen.
- Beim Speise-, Erd-, und Heizöl habe die Schweiz noch genügend Reserven.
Aus Sicht von Wirtschaftsminister Guy Parmelin ist ein Verbreitungs-Verbot der russischen Sender «Russia Today» und «Sputnik» in der Schweiz eine «sehr heikle politische Frage». Das sei nur zu rechtfertigen, wenn es wirklich um höherrangige Interessen der Schweiz ginge.
Die beiden Sender «Russia Today» und «Sputnik» seien «Instrumente der russischen Propaganda und Kriegsführung», sagte Guy Parmelin im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» von Freitag.
«Sie verbreiten Lügen und Desinformation mit dem Ziel, Unsicherheiten zu schüren und die Freiheit unserer Demokratien gegen die Schweiz zu nutzen.» Ein Verbot könnte man aber als Zensur auslegen, wie Parmelin sagte.
Ausserdem sei zum Beispiel relevant, zu wissen, welche Propaganda die Russen betrieben. Parmelin fragt sich zudem, ob man mit einem Verbot diese Kanäle nicht attraktiver mache werde. Ohnehin sei die Bevölkerung in der Lage zu beurteilen, was «absurde Propaganda» sei und was nicht, sagte Parmelin.
EU hat Russia Today und Sputnik bereits verboten
Die EU hat angesichts des Krieges die Verbreitung der russischen Staatsmedien «Russia Today» und «Sputnik» auf allen Ebenen untersagt. Grundsätzlich hat sich der Bundesrat dazu entschieden, dass die Schweiz alle Sanktionsmassnahmen gegen Russland übernimmt. Allerdings will der Bundesrat bei jeder Übernahme genau hinschauen.
Swisscom und Sunrise UPC haben bereits Anfang März aufgrund der ausserordentlichen Situation entschieden, den russischen Staatssender «Russia Today» per sofort und bis auf weiteres nicht mehr auf Blue TV und den TV-Plattformen von Sunrise UPC auszustrahlen. «Sputnik» wird bei beiden Anbietern nicht verbreitet.
Parmelin: Selbstversorgungsgrad muss mehr Gewicht bekommen
Im Interview äusserte sich Parmelin angesichts der Unsicherheiten etwa bei den Getreide- oder Öllieferungen auch zur Versorgungslage in der Schweiz. Auf längere Sicht müsse der Selbstversorgungsgrad mehr Gewicht bekommen, sagte Parmelin, etwa bei der künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik. Dies entspricht einer Forderung seiner Partei. Die SVP fordert unter dem Motto «Wahlen 2.0» eine Art neue Anbauschlacht.
Im Moment bestehe aber weiterhin kein Engpass, sagte Parmelin. Das Lager beim Erdöl reiche für mehr als vier Monate. Als Ersatz werde Heizöl eingelagert. Auch bei pflanzlichen Speiseölen sei die Schweiz stark abhängig von Importen, es gebe aber ebenfalls Pflichtlager. Anders sieht es beim Winterweizen aus: Dieser Bedarf werde zu 80 Prozent aus eigener Produktion gedeckt – und auch Stickstoffdünger sei für dieses Jahr genügend vorhanden.
Ohnehin sei die Schweiz nicht direkt betroffen, wenn Importe aus der Ukraine oder Russland ausfallen würden, sagte Parmelin. Allerdings wäre es indirekt betroffen, wegen unterbrochener Lieferketten «und natürlich von steigenden Preisen». Die Unsicherheit werde allerdings noch länger bleiben, selbst wenn es bald einen Waffenstillstand geben würde.