Vergewaltigung: Das sagen bürgerliche Frauen zu möglichem Gesetz
Das Wichtigste in Kürze
- Das Sexualstrafrecht soll besser vor Vergewaltigung schützen.
- Nach den Linken unterstützen nun auch Bürgerliche die Revision des Gesetzes.
SP-Frauen um die Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen und Min Li Marti wollen das Sexualstrafrecht reformieren. Sie plädieren für die Zustimmungslösung: Eine Person muss explizit dem Sex zustimmen, bevor es zum Geschlechtsverkehr kommt.
Derweil bereitet eine Untergruppe der ständerätlichen Rechtskommission die Revision des Sexualstrafgesetzes vor. Hier soll der entsprechende Paradigmenwechsel bei der Definition von Vergewaltigung realisiert werden.
Neben der Zustimmungslösung steht auch die Veto-Lösung zur Diskussion: Die Person muss dort den Sex explizit ablehnen. Beide Ansätze werden kritisiert.
Schutz vor Vergewaltigung: Unterstützung auch im bürgerlichen Lager
Die linken Vorschläge finden indes auch Anklang im bürgerlichen Lager. Für BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti ist im Grundsatz klar: «Der Schutz vor sexueller Gewalt muss enorm hoch sein. Wir haben die Istanbuler Konvention unterschrieben und nun müssen wir diese auch umsetzen.»
Sie will jedoch nichts überstürzen. «Die juristische Umsetzung ist nicht ganz einfach, deshalb will ich zuerst Antworten. Aber ich glaube, es braucht Anpassungen im Sexualstrafrecht.» Quadranti hat eine Interpellation von Ratskollegin Sibel Arslan mit unterzeichnet.
Grünen-Politikerin Arslan betont: «Es ist wichtig, dass wir eine zeitgemässe Lösung finden. Deshalb kommen wir nicht darum herum, die Definition der Vergewaltigung zu überarbeiten.»
Heute basiere der Rechtsbegriff der Vergewaltigung auf Nötigung, also der Anwendung von Gewalt, Gewaltandrohung oder psychischem Druck, erklärt Arslan.
«Hat der Täter zwar ohne Einwilligung gehandelt, und sich zum Beispiel über ein ausdrückliches ‹Nein› des Opfers hinweggesetzt, aber dann nicht zusätzlich ein Nötigungsmittel wie Gewalt oder Bedrohung angewendet, kann die Tat nicht als Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung bestraft werden.»
Die sexuelle Belästigung ist als Antragsdelikt und Übertretung kein angemessener Auffangtatbestand.
«Bisher gibt es für mich zu viele Fragezeichen», sagt Qudranti. Sie will darum zuerst Antworten vom Bundesrat, um die Richtung zu sehen.
«Deshalb ist eine Diskussion sinnvoll und nötig. Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Muss das bestehende Gesetz anders ausgelegt werden oder braucht es Anpassungen?»
Männer bereiten Gesetzesrevision vor
Brisant: In der Kommission, welche die Revision des Sexualstrafgesetzes vorbereitet, sitzen ausschliesslich Männer. Auch Männer könnten eine gute Lösung finden, ist Sibel Arslan überzeugt.
Trotzdem: Bei Fragen, die besonders auch Frauen betreffen, sei es wichtig, dass eben auch Frauen mitreden könnten. «Dies ist nicht der Fehler unserer Kollegen, sondern es ist eine gesellschaftliche Frage: Frauen müssen in diesen Gremien Einsitz haben», so Arslan.
Rosmarie Quadranti stört sich an der männlichen Besetzung der Kommission. «Wenn nur Männer vertreten sind, besteht immer die Gefahr, dass die Diskussion einseitig wird. Denn die Geschlechter ticken unterschiedlich.
Bei diesem Thema wäre es umso wichtiger, dass auch Frauen vertreten wären. Aber auch Personen mit unterschiedlichen sexuellen Neigungen.»
Hier geht die Kritik von Quadranti über das Thema Sexualstrafrecht hinaus. Denn die Kommissionen werden heute nach Parteistärken zusammengesetzt. Dabei haben nicht nur kleinere Parteien das Nachsehen, sondern auch Frauen und sexuelle Minderheiten. Ein Defizit, so Quadranti: «Das Ausland zeigt längst, dass gemischte Teams besser funktionieren.»