Waffenrecht: Zuger Attentat soll nicht tabu sein
Im Abstimmungskampf ums Waffenrecht ist ein Streit entbrannt, ob das Zuger Attentat von 2001 als Argument dienen darf – und kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Grünen-Politker Jo Lang wehrt sich gegen Vorwürfe der Bürgerlichen.
- Diese werfen ihm vor, das Zuger Attentat für politische Zwecke zu missbrauchen.
- Lang widerspricht: Es bestehe sehr wohl ein Zusammenhang mit der Waffenrechts-Abstimmung.
Ein Punkt ist immerhin geklärt: «Jo Lang ist kein Feigling.» Das sagt SVP-Nationalrat Werner Salzmann, Co-Präsident des Waffenrecht-Nein-Komitees. Jo Lang, ex-Nationalrat der Grünen, ist ein Überlebender des Zuger Attentats mit 14 Toten und dezidierter Befürworter des neuen Waffenrechts.
«Das war nie ein Tabu!»
Lang argumentiert, das Zuger Attentat zeige, dass das Verbot von 30er-Magazinen gemäss neuem Waffenrecht sinnvoll wäre. Kleinere Magazine, mehr Nachlade-Bewegungen, mehr Chancen, den Täter zu überwältigen. Doch das trägt Lang zweierlei Vorwürfe ein.
Zum einen dauere ein Magazinwechsel viel zu wenig lang für einen unbewaffneten Gegenangriff. Zum anderen missbrauche er das angerichtete Leid für sein politisches Anliegen.
Doch in beiden Punkten wiederspricht Lang vehement. «Das war nie ein Tabu!», empört er sich, denn bereits unmittelbar nach dem Attentat habe die Diskussion ums Waffengesetz angefangen. Öffentlich seien besonders die Vernehmlassungen der – bürgerlichen – Zuger Regierung aufgefallen, die ein nationales Waffenregister forderte.
Staunen über CVP-Präsident Pfister
Auch als Nationalrat habe er in seinen Reden zum Waffenrecht immer Bezug auf Zug genommen. «Nie, nie hat mir jemand gesagt, das sei Tabu.» Völlig daneben sei wenn schon, nach 17 Jahren offener Diskussion die Erwähnung des Attentats mit einem Tabu zu belegen.
Noch verkehrter sei etwas Weiteres, klagt Lang. «Wenn das der Präsident einer Partei tut, die vier Tage zuvor selbst auf den Zusammenhang mit Bataclan hingewiesen hat.» Lang zielt auf CVP-Präsident Gerhard Pfister – ebenfalls ein Attentat-Überlebender, aber auch ebenfalls ein Lang-Kritiker.
Verbot grosser Magazine im neuen Waffenrecht
Die EU-Waffenrichtlinie mit kleineren Magazinen sei unter anderem als Reaktion auf die Anschläge in Paris, beim Lokal Bataclan, entstanden. Darauf weist auch die CVP in einem Online-Artikel für ein Ja zum Waffenrecht hin. Lang sieht nicht ein, weshalb er dann nicht auf das Zuger Attentat zu sprechen kommen soll. Schützenkreise werfen ihm allerdings auch vor, dass ein Magazinwechsel eh viel zu schnell gehe.
Auf technische Details lässt sich Lang nicht ein, aber ein bisschen Ahnung von Waffen habe er auch als Pazifist. «Als Soldat hatte ich selbstverständlich auch eine Ordonnanzwaffe daheim.» Natürlich gehe ein Magazinwechsel schnell, aber nur wenn man ungestört sei.
7 Sekunden Chance
So aber biete sich eine Chance, gegen den Täter vorzugehen. «Wie gross die Chance ist, das hängt von vielen Umständen ab», betont Lang, aber: «Die Chance besteht.» Ein anderer Punkt sei aber viel wichtiger.
«Wenn jemand das Magazin wechseln muss, kann er nicht in sehr kurzer Zeit so viele Schüsse abgeben.» Genau dies lasse sich anhand des Zuger Attentats und des Protokolls der Untersuchungsbehörden zeigen. Der Täter Fritz Leibacher wechselte zweimal sein 30er-Magazin – «der erste Magazinwechsel dauerte immerhin sieben Sekunden», rechnet Lang vor.
Sieben lange Sekunden. Doch das sekundengenaue Protokoll zeigt noch mehr. «Die Schiessdauer mit dem Sturmgewehr für die 90 oder 91 Schüsse war 109 Sekunden», rechnet Lang weiter. «Hätte er acht statt zwei Mal das Magazin wechseln müssen, hätte er nicht so viele Schüsse abgeben können.»