Wahlen 2019: So ticken die neuen Polit-Stars
Die grüne Welle spült bisher wenig bekannte, oft junge Politiker ins Bundeshaus. Nau stellt die Nachwuchstalente kurz vor.
Das Wichtigste in Kürze
- Zahlreiche Polit-Dinosaurier wurden am gestrigen Wahlsonntag abgewählt.
- An ihre Stelle treten junge, meist weibliche, Polit-Talente mit viel Elan.
- Nau stellt einige der hoffnungsvollsten Neo-Nationalräte kurz vor.
Felix Müri, Jean-François Rime, Luzi Stamm, Claudio Zanetti, Martin Naef, Corrado Pardini. Das sind nur einige Namen von prominenten Politikern, welche die Wiederwahl gestern Sonntag verpasst haben.
Sie wurden auch Opfer von Umwälzungen, welche die grüne Flutwelle mit sich bringt. Diese schwemmt allerdings auch neue gestaltungswillige, junge Menschen ins Bundeshaus.
Vor allem bei den Grünen und den Grünliberalen werden sich viele neue Gesichter etablieren. Nau stellt die hoffnungsvollsten Neo-Nationalräte kurz vor.
Corina Gredig, Grünliberale ZH: Die Co-Präsidentin der Zürcher Grünliberalen ist im Hoch. Erst im Frühling landete sie einen Coup, indem sie die prominente Chantal Galladé von der SP zur GLP holte. Nun verdoppelte sie die Anzahl Sitze ihrer Partei von drei auf sechs.
Die 32-Jährige dürfte in der GLP-Fraktion neben Fraktionschefin Tiana Angelina Moser und Präsident Jürg Grossen rasch zu einer wichtigen Stimme werden. Schliesslich ist sie auch als Leiterin des Think-Thank glp lab bestens vernetzt.
Andri Silberschmidt, FDP ZH: Der langjährige Präsident der Jungfreisinnigen hat das Undenkbare geschafft und Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler den Sitz weggeschnappt. Damit hat sich der intensive Wahlkampf gelohnt.
Der 25-Jährige wird in der FDP-Fraktion mit Abstand das jüngste Mitglied sein. Dennoch wird man ihn von Tag eins an ernst nehmen. Schliesslich war er an vorderster Front dabei beim Kampf gegen die Rentenreform.
Marionna Schlatter, Grüne ZH: Die Chefin der Zürcher Grünen ist einer der Polit-Stars der Stunde. Sie schraubte die Sitze ihrer Kantonalpartei von zwei auf fünf – und schaffte die Wahl selbst mit einem Topresultat. Sie landete nur 6'000 Stimmen hinter Fraktionschef Balthasar Glättli.
Neben ihm, Bastien Girod und Präsidentin Regula Rytz dürfte sie in der Fraktion schon früh aktiv mitreden. Schliesslich ist ihr Erfolg kein Zufall – bereits im Frühling gewann sie die Wahlen auf kantonaler Ebene.
Esther Friedli, SVP St. Gallen: Die St. Gallerin mit dem Berner Dialekt tritt – endlich – aus dem Schatten ihres Lebenspartners Toni Brunner. Ob sie in dessen grossen politischen Fussstapfen treten kann, wird sich zeigen.
Sicher ist: Die 42-jährige Politologin ist innerhalb der Partei hervorragend vernetzt. Vor vier Jahren managte sie etwa den Wahlkampf von Roger Köppel. Sie wird wohl kaum mit lauten Tönen von sich reden machen, aber rasch grossen Einfluss in der SVP gewinnen.
Jon Pult, SP Graubünden: Endlich! Das wird sich der 35-Jährige gestern Nachmittag gedacht haben. Nach langen Jahren des «Wartens» – seine Vorgängerin Silvia Semadeni wollte nicht zurücktreten – darf er nach Bern.
Pult gilt seit Jahren als politisches Megatalent und war an der Gründung der «neuen» Juso um Cédric Wermuth beteiligt. Der Präsident der Alpen-Initiative wird sich in Bern gerade als Verkehrspolitiker einen Namen machen. Er hat irgendwann das Zeug zum SP-Präsidenten.
Meret Schneider, Grüne Zürich: Die überzeugte Veganerin setzt sich gegen Foodwaste und Massentierhaltung ein. Damit eckt sie vielerorts an, hat aber auch eine ganze Menge Fans.
Sie wird sich in ihren Kernthemen rasch auch im Bundeshaus zurechtfinden. Dass sie auch austeilen kann, zeigte sie jüngst. Die Grüne mit Jahrgang 1992 outete einen Mann, der sie im Internet sexuell belästigt hatte.
Melanie Mettler, Grünliberale Bern: Die 41-Jährige schaffte am Sonntag den Sprung ins Bundeshaus – und nicht Michael Köpfli, der Generalsekretär der Partei. Des einen Leid ist der anderen Freud. Mettler dürfte sich bestens in die Fraktion integrieren.
Als Mitglied der Kommission für Planung, Verkehr und Stadtgrün würde sie sich wohl auch im Bundeshaus gerne diesen Themen widmen. Ob sie allerdings in die «richtige» Kommission kommt, wird sich noch weisen müssen.
Katja Christ, Grünliberale Basel-Stadt: National ist die 42-jährige GLP-Politikerin noch ein eher unbeschriebenes Blatt. Doch mit Sebastian Frehner wirft sie einen arrivierten SVPler aus dem Nationalrat.
Christ ist Vorstandsmitglied der Grünliberalen Schweiz und Präsidentin der Kantonalpartei. Nur schon deswegen wird sie sich in der Wandelhalle rasch einen Namen machen. Die Hobby-Tänzerin engagiert sich gemäss eigenen Angaben vor allem mit Bildungs-, Finanz- und Umweltpolitik.
Tamara Funiciello, SP Bern: Last but not least wird Tamara Funiciello nach dem Rücktritt vom Juso-Präsidium definitiv nicht von der Bildfläche verschwinden. Ganz im Gegenteil: Die begnadete Provokateurin warf am Sonntag die SP-Schwergewichte Corrado Pardini und Adrian Wüthrich aus dem Rat.
Funiciello, die auch als Juso-Chefin immer wieder mal im Bundeshaus unterwegs war, ist bereits bestens vernetzt in Bern. Sie wird sich in der Fraktion hocharbeiten müssen. Doch das wird sie schaffen und die SP Schweiz über Jahre hinaus prägen.