Wie gefährlich ist die neue «Revolutionäre Kommunistische Partei»?
Am Wochenende wurde die «Revolutionäre Kommunistische Partei» gegründet. Ein Extremismusexperte sieht die klassischen Hauptmerkmale von Extremismus erfüllt.
Das Wichtigste in Kürze
- «Der Funke» hat über das Wochenende die «Revolutionäre Kommunistische Partei» gegründet.
- Für Dirk Baier erfüllen die Kommunisten die Hauptmerkmale des politischen Extremismus.
- Die Gruppe werde wohl «früher oder später» mit Gewalt in Erscheinung treten, erklärt er.
- Daneben attestiert der Extremismusexperte klare Parallelen zu anderen Gruppierungen.
Am vergangenen Wochenende ging die Organisation «Der Funke» in die «Revolutionäre Kommunistische Partei» (RKP) über: Die Bewegung will den Kommunismus hierzulande vorantreiben – und fällt mit radikalen Einstellungen, dubiosen Rekrutierungstaktiken und fragwürdigen Strukturen auf.
Die RKP gibt unverfroren zu, das gegenwärtige System gewaltsam stürzen zu wollen. Ihr Manifest eröffnen die Linksextremen denn auch mit einem entsprechenden Zitat von Karl Marx und Friedrich Engels: «Kommunisten erklären offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung.»
Hauptmerkmale politischer Extremisten erfüllt
Gemäss der Streitschrift positionieren sich die Kommunisten offen gegen die herrschenden demokratischen Strukturen: «Wir wollen nicht in Ämter gewählt werden, um das dort bestehende System mitzuverwalten.» Stattdessen stehe die RKP für den «vollständigen Bruch mit dem Status quo».
Wie gefährlich sind diese radikalen Ansichten – stellt die RKP eine Gefahr für die Schweizer Demokratie dar? Nau.ch hat Extremismusexperte Dirk Baier um eine Einschätzung gebeten: Er ist überzeugt, dass die Kommunisten die wichtigsten Hauptmerkmale politischer Extremisten aufweisen.
Experte warnt: «Werden mit Gewalt in Erscheinung treten»
Einerseits bedeute «Extremismus» nämlich, dass die derzeitige demokratische Ordnung zugunsten eines neuen Systems abgeschafft werden soll. Überdies müsse die Bereitschaft bestehen, zur Umsetzung dieser Absicht nötigenfalls auch Gewalt anzuwenden, erklärt Baier. «Für mich ist die Organisation ihren Zielen nach eindeutig extremistisch», erklärt Baier.
Bis dato habe die Bewegung hierzulande allerdings keine Gewalt angewandt, erklärt Baier. Üblicherweise richte sich linksextreme Gewalt überdies gegen das System: Somit komme sie meist in Form von Sachbeschädigungen gegen Behörden oder Unternehmen zum Ausdruck.
Dennoch warnt der Extremismusexperte: «Ich denke, dass eine solche Gruppe früher oder später auch mit Gewalt in Erscheinung treten wird. Man sollte in jedem Fall gewarnt sein und vor dieser Gruppe warnen!»
Zielgruppe: Junge, unerfahrene Menschen
Die RKP und ihre Vorgängerorganisation scheinen insbesondere junge und politisch unerfahrene Menschen zu rekrutieren, die sich vom System entfremdet haben. Intern nennen sie diese Personen «leichte Beute», wie ein ehemaliges Mitglied gegenüber Nau.ch erklärt hat.
«Junge Menschen sind auf der Suche nach Sinn, nach Zugehörigkeit und nach Bedeutsamkeit», erklärt der Experte. Extremistische Organisationen könnten genau das anbieten. Deshalb müssten diese Rekrutierungsmethoden unterbunden werden, erklärt Baier.
«Mich erinnert das Vorgehen an rechtsextreme Gruppierungen im Deutschland der 1990er-Jahre. Man will das Interesse einzelner Personen wecken und sie zu Treffen der Organisation locken. Dort entsteht aufgrund der Gruppensituation ein sozialer Druck, dem man sich nur schwer entziehen kann.»
Gemeinsamkeiten mit anderen politischen Extremisten?
Wenig überraschend ist die RKP nicht die einzige Organisation, die auf diese Gruppe abzielt: Hier bestehen klare Parallelen zu anderen Extremisten – allen voran die rechtsextreme «Junge Tat». Zwar sei der Vergleich zweier Organisationen mit diametral entgegengesetzten Absichten nicht einfach. «Aus einer bestimmten Perspektive betrachtet weisen sie aber klare Gemeinsamkeiten auf», so Baier.
So hätten beide Organisationen die derzeitige demokratische Ordnung zu ihrem zentralen Gegner erklärt. Daneben seien wohl beide Organisationen bereit, zur Beseitigung derselben bis zum Äussersten zu gehen, betont Baier. Auch würden beide Gruppierungen ihre jeweiligen Positionen vertreten, ohne Widersprüche zu dulden.
Damit teilten sie die Welt in Schwarz und Weiss, Freund und Feind ein: «Dies geht dann mit einer Enthumanisierung von Bevölkerungsgruppen einher», obwohl die Zielgruppen dieser Entmenschlichung unterschiedlich seien.
Unterschiede zu anderen politischen Extremisten?
Gleichzeitig attestiert der Experte auch eindeutige Unterschiede zwischen beiden Gruppierungen. «Die ‹Junge Tat› ist explizit menschenfeindlich: Sie negiert, dass Gruppen wie beispielsweise Muslime oder Ausländer im Allgemeinen in der Schweiz leben dürfen», erklärt Baier.
Linksextreme hingegen seien in erster Linie systemfeindlich: «Bei den Linken trifft es dann typischerweise Polizeikräfte, Politiker oder Vertreterinnen der Wirtschaft. Insofern ist es durchaus wichtig, differenzierte Einschätzungen vorzunehmen.»
Linksradikalen Gruppierungen gehe es überdies nicht immer um die Abschaffung der demokratischen Ordnung. Oft würden sie ihren Kampf – wenigstens vordergründig – gegen Ungleichheiten richten: «Man muss also sehr genau auf die Ziele schauen, die linke Gruppierungen verfolgen.»
Sowohl die RKP als auch die «Junge Tat» seien aber zweifelsfrei bedenkliche Gruppierungen: «Problematisch wird es immer dann, wenn offensiv die Demokratie infrage gestellt und Gewalt propagiert wird. Dann gibt es meines Erachtens keine andere Reaktion, als sie mit allen Mitteln der Demokratie und des Rechtsstaates zu bekämpfen.»