Afghanistans umstrittener Vizepräsident Abdul Raschid Dostum hat seine Anhänger zur Protesten gegen die Wiederwahl von Staatschef Aschraf Ghani aufgerufen.
Vize-Präsident Dostum wechselte schon öfter die Seiten
Vize-Präsident Dostum wechselte schon öfter die Seiten - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Ex-Milizenchef Hekmatjar für Regierung mit Taliban.
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Die Entscheidung der afghanischen Wahlkommission, Ghani zum Sieger der Präsidentschaftswahl vor fünf Monaten zu erklären, komme einem «Staatsstreich» gleich, sagte der langjährige Milizenführer am Mittwoch in Kabul. Er forderte seine Anhänger auf, für Ghanis Rivalen Abdullah Abdullah auf die Strasse zu gehen.

Nach Angaben der Wahlkommission vom Vortag erreichte Amtsinhaber Ghani 50,64 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Abdullah kam demnach mit 39,52 Prozent auf dem zweiten Platz. Der langjährige Ghani-Gegner und bisherige Regierungschef erkannte den Wahlsieg nicht an, erklärte sich selbst zum Sieger und rief eine Parallelregierung aus.

Dostum wurde zwar nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2014 Vize-Präsident. Doch hatte der mächtige ethnische Usbeke schon in der Vergangenheit immer wieder die Seiten gewechselt. Einen Grossteil der vergangenen vier Jahre verbrachte er zudem im Exil, weil ihm in Afghanistan ein Verfahren wegen Entführung, Misshandlung und Vergewaltigung drohte. Ob viele Afghanen Dostums Protestaufruf folgen werden, war angesichts der Ernüchterung vieler Afghanen über ihre politischen Vertreter unklar.

Auch ein anderer berüchtigter Ex-Milizenführer, Gulbuddin Hekmatjar, forderte am Mittwoch, die Wahl für «ungültig» zu erklären. Gleichzeitig sprach er sich für eine Regierung unter Einbeziehung der Taliban aus.

Die Wahlergebnisse hatten eigentlich bereits am 19. Oktober verkündet werden sollen. Wegen technischer Probleme und Betrugsvorwürfen wurde dies aber wiederholt verschoben. Fast eine Million Stimmen wurde als ungültig erklärt. Damit wurden am Ende nur noch 1,8 Millionen Stimmen gezählt - was der niedrigsten Wahlbeteiligung in der Geschichte Afghanistans entspricht. 9,8 Millionen der 35 Millionen Einwohner Afghanistans sind wahlberechtigt.

Die unabhängige Beobachter-Vereinigung Tefa kritisierte die Verkündung des Wahlergebnisses als verfrüht. Sie verwies auf eine Reihe noch unbeantworteter Beschwerden.

Bislang fielen die Reaktionen der internationalen Gemeinschaft eher verhalten aus. Die Regierung in Washington befindet sich derzeit in der Abschlussphase ihrer Verhandlungen mit den radikalislamischen Taliban über die Bedingungen eines US-Truppenabzugs aus Afghanistan. Die Vereinbarung werde voraussichtlich am 29. Februar in Doha unterzeichnet, sollten bis dahin alle Bedingungen geklärt und eine vereinbarte Teil-Waffenruhe Bestand haben, hiess es am Dienstag aus Taliban-Kreisen.

Die Wahlen und ihr Ergebnis seien Sache der Afghanen, «unsere Priorität aber - und das, was unserer Meinung nach die Priorität der meisten Afghanen ist - bleibt der Frieden und der Friedensprozess», sagte Molly Phee, die Stellvertreterin des US-Sondergesandten Zalmay Khalilzad, am Dienstag in Washington.

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