Bolsonaro wegen möglicher Einflussnahme auf Polizei zunehmend unter Druck
Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro gerät wegen seiner möglichen Einflussnahme auf die Polizei zunehmend unter Druck.
Das Wichtigste in Kürze
- Brasiliens Staatschef weist Vorwurf der Behinderung von Ermittlungen zurück.
Der ultrarechte Präsident wies am Dienstag (Ortszeit) Vorwürfe zurück, er habe ranghohe Polizeivertreter entlassen, um seine Familie vor Ermittlungen zu schützen.
Zuvor waren Ermittlungen wegen möglicher Justizbehinderung gegen den Präsidenten eingeleitet worden, nachdem Bolsonaro den Polizeichef entlassen hatte. Nun tauchte ein Video einer Kabinettssitzung auf, in welcher der Präsident offenbar andeutete, er wolle einen Wechsel bei der Polizeiführung, um laufende Ermittlungen zum Erliegen zu bringen.
Bolsonaro räumte ein, er habe bei der Sitzung am 22. April über seine Familie gesprochen, es sei ihm dabei aber um den Schutz ihrer körperlichen Unversehrtheit gegangen. Dies habe für ihn oberste Priorität, nachdem er selbst im Präsidentschaftswahlkampf 2018 niedergestochen worden sei.
Er habe das Wort «Ermittlung» niemals erwähnt, sagte Bolsonaro vor Journalisten vor dem Präsidentenpalast. «Die Aufnahme hätte zerstört werden sollen, ich weiss nicht, warum das nicht geschehen ist», sagte der Staatschef. Auf Twitter fügte er hinzu, er habe kein Problem damit, alle Teile des Videos zu veröffentlichen, die sich auf die Ermittlung beziehen.
Am 24. April war der beliebte Justizminister Sergio Moro wegen der Entlassung von Polizeichef Mauricio Valeixo zurückgetreten. Der ehemalige Anti-Korruptions-Richter Moro warf Bolsonaro unangemessene «politische Einmischung» in die Polizeiarbeit vor. Nach Moros Rücktritt ordnete der Oberste Gerichtshof Ermittlungen an, ob Bolsonaro sich der Justizbehinderung oder anderer Vergehen schuldig gemacht hat. Im Zuge dieser Untersuchung sahen die Ermittler das Video von der Kabinettssitzung und befragten zudem drei Minister zu der Affäre.
In dem Video gibt es weitere Passagen, die für Bolsonaro gefährlich werden könnten. Brasilianischen Medien zufolge bedienten sich der Präsident und sein Kabinett in der Sitzung einer anrüchigen Sprache. Sie sollen Beleidigungen über verschiedene Politiker, die Richter des Obersten Gerichts und Brasiliens grössten Handelspartner China ausgesprochen haben.
Die Polizei ermittelt Medienberichten zufolge in verschiedenen Fällen gegen Bolsonaro und sein enges Umfeld. Dazu zählen demnach auch Vorwürfe gegen seinen Sohn Carlos, einen Stadtrat von Rio de Janeiro, der eine Fake-News-Kampagne zu Gunsten seines Vaters geleitet haben soll.
Die Affäre kommt für Bolsonaro zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Der Staatschef steht derzeit wegen seines Umgangs mit der Corona-Pandemie stark unter Druck. Einer neuen Umfrage des Instituts MDA zufolge lehnen inzwischen 55,4 Prozent der Brasilianer die Politik des rechtsradikalen Präsidenten ab.