Bundesregierung zieht bei Wasserstoffstrategie positive Zwischenbilanz
Grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien soll ein wichtiger Baustein für das Erreichen der Klimaziele sein - gut ein Jahr nach der Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung nun eine positive Zwischenbilanz gezogen.
Das Wichtigste in Kürze
- Fokus soll künftig auch auf Import von grünem Wasserstoff liegen.
Künftig soll der Fokus vor allem auf der technischen Weiterentwicklung und der Verfügbarkeit ausreichender Importmengen liegen. Für Debatten sorgt unterdessen die Frage, in welchen Bereichen der grüne Wasserstoff vorrangig eingesetzt werden soll.
Die Bundesregierung hatte ihre Wasserstoffstrategie im Juni vergangenen Jahres mit dem Ziel auf den Weg gebracht, dass mit Wind und Sonne erzeugter Wasserstoff künftig in Fabriken oder auch als Treibstoff im Verkehrssektor fossile Energieträger ersetzt. Deutschland sollte nach den Worten von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in dem Bereich «die Nummer eins in der Welt» werden.
Im am Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Zwischenbericht zur Umsetzung dieser Strategie heisst es nun, dass deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen «weltweit eine Vorreiterrolle» zukomme. Zugleich seien weitere Anstrengungen in Forschung und Entwicklung «unumgänglich, um diese Position zu halten und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen langfristig zu sichern».
Nach Angaben der Bundesregierung gibt es vor allem zwei entscheidende Hebel: der weitere «Markthochlauf von Wasserstofftechnologien» und die Verfügbarkeit ausreichender Importmengen. Denn Deutschland werde «auch langfristig nicht in der Lage sein, den gesamten Bedarf selbst zu produzieren», heisst es im Zwischenbericht.
Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) verwiesen auf die Bedeutung von internationalen Wasserstofflieferketten. «Grüner Wasserstoff benötigt riesige Mengen an erneuerbaren Energien», erklärte Müller. Die Klimaziele liessen sich «nur zusammen mit den Entwicklungsländern» erreichen. Die Voraussetzungen für die Produktion seien dabei in vielen Ländern des Südens «ideal», beispielsweise in Nordafrika oder Brasilien.
«Deutschland bleibt Energieimportland», erläuterte Karliczek. «Daher müssen wir rasch mit unseren ausländischen Partnern die Lieferketten für grünen Wasserstoff bilden», fügte sie hinzu. Zugleich gelte es in Deutschland, Elektrolysekapazitäten aufzubauen und industrielle Schlüsselprozesse auf grünen Wasserstoff umzustellen.
Wirtschaftsminister Altmaier hob die milliardenschweren staatlichen Investitionen in dutzende Wasserstoff-Projekte hervor. «Wir stellen über acht Milliarden Euro für 62 Wasserstoffprojekte zur Verfügung, davon rund zwei Milliarden für die Stahlindustrie», erklärte er. Mit der Förderung dieser Projekte mit Bundes- und Landesmitteln sollen weitere Milliardeninvestitionen auch aus dem privatwirtschaftlichen Bereich angeschoben werden.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht in Wasserstoff, der unter anderem in Brennstoffzellen Strom erzeugen und damit Fahrzeuge antreiben kann, eine wichtige Technik auch für den Verkehrssektor. «Wir brauchen Wasserstoff, um die Klimaschutzziele im Verkehrsbereich zu erreichen», teilte er nach der Kabinettssitzung mit. Wichtig sei nun, «dass es wirtschaftliche Projekte auf dem Markt gibt». Zudem müsse Wasserstoff «für die Menschen erlebbar» werden.
Forschungsministerin Karliczek stellte in Berlin den Prototypen eines Autos vor, das mit dem synthetischen Kraftstoff Methanol angetrieben werden kann. Grundlage davon ist wiederum grüner Wasserstoff - sowie CO2, das in der Stahlindustrie anfällt und damit nach den Worten der Ministerin zu Kraftstoff «recycelt» wird.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) mahnte einen «beherzten» Ausbau der Erneuerbaren an. Wer Ja sage zu grünem Wasserstoff müsse «auch Ja sagen zu Windrädern und Solaranlagen».
Die Umweltschutzorganisation WWF forderte angesichts der knappen Verfügbarkeit, grünen Wasserstoff auf Sektoren zu beschränken, die nicht direkt elektrifzierbar seien - dazu zählten Stahlherstellung, Zementindustrie, Chemieindustrie und Flug- sowie Schiffsverkehr, «aber keinesfalls der Automobilverkehr». Ausserdem müssten bei Wasserstoffimporten auch soziale, politische und ökologische Standards sichergestellt werden.
Der Innovationsbeauftragte der Bundesregierung für grünen Wasserstoff, Stefan Kaufmann (CDU), sprach sich dafür aus, Wasserstoffpartnerschaften mit sonnen- und windreichen Regionen zu schliessen. Ausserdem plädierte er für staatliche Unterstützung von Investitionen in ein Wasserstoffkernnetz, Modellregionen für grünen Wasserstoff und «eine Vorfahrt für Investitionen in innovative Wasserstofflösungen im Genehmigungs- und Ordnungsrecht». In der nächsten Legislaturperiode müsse grüner Wasserstoff zur «Chefsache» werden.