Der im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Schutzmasken unter Korruptionsverdacht stehende CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüsslein zieht sich aus der Politik zurück.
Bundestag berlin
Deutscher Bundestag in Berlin. (Archivbild) - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Berichte über Vorwürfe auch gegen weitere Unionspolitiker.
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Er werde sein derzeit ruhendes Amt als stellvertretender Unionsfraktionschef niederlegen und bei der Bundestagswahl im September nicht mehr kandidieren, liess Nüsslein am Freitag über seinen Rechtsanwalt in München erklären. Unterdessen gab es Vorwürfe auch gegen weitere Unionsabgeordnete.

Nüsslein liess über seinen Anwalt Gero Himmelsbach erklären, den Vorwurf der Bestechung weise er «entschieden» zurück. «Aufgrund des komplexen Sachverhalts mit Auslandsbezug» rechne er aber «nicht damit, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in den nächsten Wochen abgeschlossen sind». Das Ermittlungsverfahren stelle für seine Familie und seine Partei eine ganz erhebliche Belastung dar, weshalb er sich nun zum Rückzug entschieden habe. Sein Mandat wolle er aber bis zur Bundestagswahl behalten.

Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit gegen den CSU-Politiker. Er soll sich im Frühjahr vergangenen Jahres Medienberichten zufolge unter anderem beim Bundesgesundheitsministerium und beim bayerischen Gesundheitsministerium für einen Lieferanten von Corona-Schutzmasken eingesetzt haben. Der Grossauftrag kam offensichtlich auch zustande. Dafür sollen 660.000 Euro Provision an eine Firma gegangen sein, an der Nüsslein beteiligt sein soll. Eine Umsatzsteuervoranmeldung sei dafür jedoch nicht erfolgt, hiess es.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte sich unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen am Freitag - noch vor der Erklärung Nüssleins - nicht im Detail zu dem Fall äussern. Er verwies aber darauf, dass es im vergangenen Frühjahr generell schwer gewesen sei, Masken zu beschaffen. «Das waren Wildwest-Zeiten», sagte der Minister. Der Bundestag hatte am Donnerstag vergangener Woche Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei Nüsslein genehmigt.

In der Affäre um Nüsslein gibt es laut einem Bericht des «Spiegel» inzwischen auch ein Ermittlungsverfahren in Liechtenstein. Dabei soll es um den Verdacht der Geldwäsche gehen. Weiter hiess es, neben dem Bundesgesundheitsministerium habe der CSU-Politiker auch Geschäfte mit FFP2-Masken für die Bundespolizei eingefädelt. Das Magazin «Business Insider» hatte am Donnerstag berichtet, Nüsslein habe eine Scheinrechnung an ein Liechtensteiner Unternehmen gestellt, um mögliche Bestechungen zu verschleiern.

Inzwischen gibt es in Zusammenhang mit der Beschaffung von Schutzmasken Vorwürfe auch gegen weitere Unionsabgeordnete, darunter Nikolas Löbel. Der CDU-Politiker soll laut «Bild»-Zeitung für die Vermittlung von Maskenlieferungen aus China zwölf Cent pro Maske verlangt haben. Laut «Spiegel» soll Löbel insgesamt 250.000 Euro Provision kassiert haben. Weitere CDU-Abgeordnete sollen laut «Spiegel» für Firmen oder Lieferanten von Masken geworben haben. Sie bestreiten mit Ausnahme von Löbel demnach jedoch, Gegenleistungen erhalten zu haben.

«Die neuen Enthüllungen über weitere dubiose Geschäfte von Unionspolitikern im Rahmen der Beschaffung von Atemschutzmasken sind besorgniserregend», erklärte dazu der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Bartke. «Wir müssen jetzt entschlossen dem Eindruck entgegenwirken, dass Bundestagsabgeordnete käuflich wären», forderte er weiter. Dafür müsse es eine umfassende Reform der Transparenzregeln für Bundestagsabgeordnete geben.

Ein Verbot von bezahlter Lobbytätigkeit von Abgeordneten forderte auch Linken-Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte. «Geschmierte Abgeordnete schaden der Demokratie und der Politik unendlich», erklärte er in Berlin.

Die Koalition hat sich nach langem Ringen auf ein Lobbyregister verständigt, weitergehende Regelungen aber vorerst auf Eis gelegt.

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