Nach der Krawallnacht in Stuttgart ermittelt die Polizei die Herkunft der mutmasslichen Gewalttäter – und sorgt dafür für jede Menge Diskussionen.
Stuttgart
Strobl (l.) und Seehofer bei Besuch in Stuttgart. - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ermittlungen zur Krawallnacht in Stuttgart sorgen für Diskussionen.
  • Die Polizei untersucht die Herkunft der Familien der mutmasslichen Täter.
  • Dabei soll geklärt werden, ob ein Migrationshintergrund gegeben sei.
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Nach der Krawallnacht in Stuttgart sorgen die Ermittlungen der Polizei zur Herkunft der Familien der mutmasslichen Gewalttäter für Diskussionen.

«In einzelnen Fällen werde die Nationalität der Eltern, und nur der Eltern, von Tatverdächtigen durch Anfragen beim Standesamt erhoben». Damit eine «umfassende Feststellung der Lebens- und Familienverhältnisse der bereits bekannten Tatverdächtigen» gemacht werden kann. Dies teilte die Stuttgarter Polizei am Sonntag mit. Dabei gehe es darum zu klären, ob ein Migrationshintergrund gegeben sei.

Dass dies in der Berichterstattung von Medien als «Stammbaumforschung» bezeichnet werde, sei «nicht korrekt», erklärte die Polizei. Schliesslich sei bei der Strafverfolgung die «Einbeziehung aller persönlichen Umstände der Tatverdächtigen» notwendig. Auch für die Ausarbeitung von Präventionskonzepten wollten die Behörden «die persönlichen Lebensumstände, wie auch einen potenziellen Migrationshintergrund, miteinbeziehen».

«Teil der polizeilichen Ermittlungen»

«Die Feststellung der Lebens- und Familienverhältnisse ist ein Teil der polizeilichen Ermittlungen». Dies hob auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Sonntag in einer Erklärung hervor. Dies sei «eine Selbstverständlichkeit in einem Strafverfahren». «Insofern stehe ich auch in diesem Punkt zur Arbeit und hinter unserer Polizei», erklärte der CDU-Politiker.

Strobl betonte, die Ausschreitungen in Stuttgart liessen «ein bislang unbekanntes Gewalt- und Eskalationspotential der Beteiligten erkennen». Daran würden auch die Ermittlungen ausgerichtet und entsprechend umfassend geführt.

In der Nacht zum 21. Juni hatten schwere Krawalle in Stuttgart bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Hunderte Menschen randalierten damals in der Innenstadt und griffen Polizisten an.

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Spuren der Gewalt am Tag nach der Randale in Stuttgart - AFP

Die Einsatzkräfte wurden mit Flaschen und Steinen beworfen, etliche Geschäfte wurden geplündert. Die Polizei machte nach ihren Angaben vom Sonntag 39 Tatverdächtige aus. Gegen 20 Verdächtige sei Haftbefehl erlassen worden, 14 davon seien «in Vollzug».

Grünen-Chef Robert Habeck sagte dem «Tagesspiegel» (Montagsausgabe), es sei «wichtig, die Hintergründe der Gewalttaten von Stuttgart zu ermitteln und aufzuklären». «Wir müssen wissen, wie es dazu kam und wie sich so etwas zukünftig verhindern lässt», fügte Habeck hinzu.

«Stammbaumforschung ist Rassismus»

«Wenn es jedoch stimmt, dass die Stuttgarter Polizei Stammbaumrecherche betreiben will, wäre das in keinster Weise akzeptabel.»

«Schon der Verdacht, dass die Polizei Menschen nach Herkunft oder Aussehen unterschiedlich behandelt, schadet ihrem Ansehen», warnte Habeck. Es sei daher «wichtig, dass die Polizei schnell Klarheit schafft, was gesagt und geplant wurde».

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, übte noch schärfere Kritik. «Stammbaumforschung ist Rassismus pur und ein Skandal, der umgehend gestoppt werden muss», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er forderte zugleich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, «seine Position zur Rassismus-Studie zu korrigieren».

Horst Seehofer
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) spricht beim CSU-Kongress zur Flüchtlingspolitik. - dpa

Damit wandte sich Bartsch gegen Seehofers Ablehnung einer Studie zum sogenannten Racial Profiling in der Polizei. Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd wird auch hierzulande verstärkt über Rassismus bei Sicherheitskräften debattiert.

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