Erweiterte DNA-Tests zur Strafverfolgung und mehr Tempo bei Gerichtsprozessen
Die Polizei soll künftig über DNA-Spuren auch die Farbe von Haut, Haar und Augen sowie das Alter eines flüchtigen Täters feststellen dürfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Kabinett beschliesst Modernisierung von Strafverfahren.
Dies ist ein Punkt eines umfassenden Gesetzentwurfs zur Modernisierung von Strafverfahren, den das Bundeskabinett am Mittwoch beschloss. Zudem geht es um effizientere Bekämpfung der Einbruchskriminalität durch leichtere Überwachung von Emails und Telefonaten, ein Verbot von Gesichtsverhüllung vor Gericht und schnellere Strafverfahren.
Nach bisheriger Rechtslage dürfen DNA-Spuren nur auf Abstammung und Geschlecht von Verdächtigen geprüft werden. Die Neuregelung soll Ermittlern zu einem vollständigeren Bild des möglichen Täters verhelfen.
Auch bei der Überwachung privater Kommunikation wie Emails und Telefongesprächen sollen Ermittler künftig mehr Befugnisse bekommen. Bislang durften Ermittler bei Einbruchsermittlungen nur dann zu diesem Mittel greifen, wenn die Taten serienmässig von einer kriminellen Bande begangen wurden. Die Sicherheitsbehörden beklagen, dass diese Hürde den Ermittlern die Arbeit erschwere.
Die von der Koalition geplante Neuregelung soll die Überwachung künftig auch bei einfachem Wohnungsdiebstahl ermöglichen. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Wiederholungstäter handelt. Zudem müsse der Fall «schwer wiegen», heisst es in dem Entwurf.
Erleichterungen sieht die geplante Reform auch für Opfer von Sexualstraftaten vor, die vor Gericht aussagen müssen. Opfern sollen künftig unangenehme Befragungen in der Hauptverhandlung erspart werden können. Jedes Opfer soll das Recht haben, eine richterliche Vernehmung per Video aufzeichnen zu lassen. Diese Aufzeichnung soll dann auch in der Hauptverhandlung verwendet werden dürfen.
«Der Rechtsstaat braucht eine effektive Strafverfolgung», erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Strafverfahren würden beschleunigt, «ohne Verfahrensrechte in der Substanz einzuschränken», betonte sie. Der Entwurf verfolge auch das Ziel, den Gerichten einen störungsfreien Ablauf der Hauptverhandlung zu ermöglichen.
So sollen etwa Strafverfahren nicht mehr durch ständig gleichlautende Beweisanträge künstlich in die Länge gezogen werden können. Befangenheitsanträge sollen durch eine neue Fristenregelung nicht mehr zur Unterbrechung der Hauptverhandlung führen.
Prozessbeteiligte sollen künftig nicht mehr mit verhülltem Gesicht - etwa mit einem Schleier - vor Gericht treten dürfen. Das Gesicht soll «weder ganz noch teilweise verdeckt» werden dürfen, heisst es in dem Gesetz. Bislang hatten Richter keine gesetzliche Grundlage, Prozessbeteiligte etwa zum Ablegen eines Schleiers aufzufordern.
Die Union wertete die Reform als Erfolg. Der Entwurf sei «auf Druck der Union» ins Kabinett gebracht worden, erklärte die rechtspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker. Sie kritisierte allerdings, dass das SPD-geführte Justizministerium eine Forderung der Union nicht in den Entwurf aufgenommen habe: Es müsse ermöglicht werden, freigesprochene Angeklagte zurück vor Gericht zu bringen, wenn ein DNA-Test nachträglich die Täterschaft nachgewiesen habe.
Der SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner begrüsste die Reform als «sinnvoll». Entscheidend für die Umsetzung sei allerdings, dass die Länder wie vereinbart 2000 zusätzliche Richter und Staatsanwälte einstellen.
Der Deutsche Richterbund begrüsste insbesondere die Ausweitung der DNA-Analyse. «Es darf nicht sein, dass uns Kriminalität technisch enteilt», sagte der Vorsitzende Jens Gnisa im SWR. «Deswegen brauchen wir moderne technische Möglichkeiten, um Kriminalität zu ermitteln, aber natürlich immer im Rahmen rechtsstaatlicher Grundsätze.»