Bei Protesten von Journalisten gegen «Zensur» in Algerien hat die Polizei etwa ein Dutzend Medienvertreter vorübergehend festgenommen.
Polizisten mit demonstrierendem Journalisten in Algier
Polizisten mit demonstrierendem Journalisten in Algier - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Regierungschef vergleicht Demonstrationen mit Anfängen von syrischem Bürgerkrieg.
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Die Demonstration am Donnerstag in Algier richtete sich gegen Beschränkungen bei der Berichterstattung über die aktuellen Proteste gegen eine weitere Amtszeit von Staatschef Abdelaziz Bouteflika, wie eine AFP-Reporterin berichtete. Der algerische Regierungschef Ahed Ouyahia verglich die Proteste mit den Anfängen des Bürgerkriegs in Syrien.

Etwa hundert Journalisten von staatlichen und privaten Medien versammelten sich zu der Kundgebung in der Hauptstadt Algier. «Nein zur Zensur!» und «Vierte Gewalt, keine Presse zu Diensten» riefen die Demonstranten.

Nachdem die Polizei etwa ein Dutzend Teilnehmer festgenommen hatte, forderten die übrigen Demonstranten: «Befreit unsere Kollegen!» Die Festgenommenen trommelten von innen gegen die Wände der Polizeiwagen, wurden aber fortgebracht. Am Abend teilten die Sicherheitsbehörden mit, alle am Donnerstag festgenommenen Journalisten seien freigelassen worden. Keiner von ihnen befinde sich noch auf einer Polizeiwache, sagte der Sprecher des Generaldirektorats für Nationale Sicherheit, Hakim Belouar, der Nachrichtenagentur AFP.

Die Aussicht auf eine fünfte Amtszeit von Staatschef Bouteflika sorgt seit einer Woche für massive Proteste in Algerien. Dabei kam es nur vereinzelt zu Zwischenfällen. Der 81-jährige Präsident steht seit bald 20 Jahren an der Spitze des nordafrikanischen Staates und will erneut kandidieren, obwohl er sich seit einem Schlaganfall vor sechs Jahren weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat.

Ministerpräsident Ouyahia warnte am Donnerstag vor dem Parlament indirekt vor einem Bürgerkrieg in Algerien. «Glückliche Demonstranten haben Polizisten Rosen geschenkt», sagte er. «Aber erinnern wir uns zusammen daran, dass es in Syrien auch mit Rosen angefangen hat.» Die blutige Niederschlagung friedlicher Proteste hatte Anfang 2011 zum Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs geführt, in dem inzwischen bereits mehr als 360.000 Menschen getötet wurden.

Einige Abgeordnete standen nach Ouyahias Worten auf und verliessen aus Protest das Parlament. Andere spendeten dem Regierungschef Beifall. Dieser versicherte, er habe nicht die Absicht, «dem Volk Angst zu machen».

Das algerische Volk habe ein «verfassungsmässiges Recht» auf friedliche Proteste und «nichts» werde es daran hindern, «den Präsidenten der Republik souverän zu wählen», sagte Ouyahia. Zugleich warnte er vor «Manipulationen» aus dem Ausland.

Die Proteste gegen Bouteflikas erneute Kandidatur wurden in den staatlichen algerischen Radio- und Fernsehsendern ebenso verschwiegen wie in den Privatsendern, die dem Regierungslager nahestehenden Unternehmern gehören. Journalisten des Staatsrundfunks schilderten, dass sie von ihren Vorgesetzten angewiesen worden seien, nicht über die Protestbewegung zu berichten.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte am Mittwoch erklärt, die algerischen Behörden täten «alles, um den Medien einen Maulkorb zu verpassen». Es gebe «Festnahmen, Angriffe, Verbote zu berichten, Beschlagnahmung von Material, Druck auf die staatlichen Medien und Drosselung des Internet».

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