Fallzahl politisch motivierter Kriminalität erstmals über 50.000
Die Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität in Deutschland haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen und erstmals die Schwelle von 50.000 überschritten.
Das Wichtigste in Kürze
- Steigender Anteil nicht zuzuordnender Taten - darunter Corona-Proteste.
In der am Dienstag von Bundesinnenministerium und Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlichten Bilanz werden 55.048 solcher Fälle aus unterschiedlichen Bereichen aufgelistet. Eine Ursache ist demnach ein deutlicher Anstieg von Straftaten, die mit der Corona-Pandemie und deren Bekämpfung in Verbindung stehen.
21.964 der erfassten Straftaten werden dem politisch rechten Spektrum zugeordnet, knapp sieben Prozent weniger als im Vorjahr. Einen drastischen Anstieg um 147,4 Prozent auf 21.339 Fälle gibt es zugleich bei laut der offiziellen Statistik nicht zuzuordnenden politisch motivierten Straftaten. Darunter fällt demnach auch ein erheblicher Teil von Straftaten bei Protesten gegen staatliche Corona-Massnahmen, deren Teilnehmende etwa aus der Querdenker-Bewegung als heterogene «Mischszene» betrachtet werden.
10.113 politisch motivierte Straftaten werden dem linken Spektrum zugeordnet (minus 7,8 Prozent). Weitere 1153 Fälle zählen die Behörden zum Bereich «ausländische Ideologie» (plus 13,5 Prozent), 479 Fälle zum Bereich «religiöse Ideologie» (plus 0,4 Prozent). 2020 waren insgesamt 44.692 Fälle politisch motivierter Kriminalität erfasst worden. Die Zunahme im Jahresvergleich beträgt damit 23,2 Prozent.
Auch bei den politisch motivierten Gewalttaten verzeichnen die offiziell politisch nicht zuzuordnenden Delikte den mit Abstand höchsten Anstieg. Ihre Zahl nahm um 144,3 Prozent auf 1444 zu. Darunter sind 459 Körperverletzungen. 1042 Gewalttaten werden dem rechten Spektrum zugerechnet (minus 4,6 Prozent), 1203 dem linken Spektrum (minus 21,2 Prozent), 140 ausländischer Ideologie (plus 23,9 Prozent) und 60 religiöser Ideologie (plus 39,5 Prozent). Insgesamt stieg die Zahl der erfassten Gewalttaten um 15,6 Prozent auf 3889.
Die Zahl antisemitischer Taten stieg um 28,75 Prozent auf 3027 Fälle. Davon wurden 2552 Fälle dem rechten Spektrum zugeordnet, 127 Fälle dem Bereich ausländischer Ideologie und 57 dem Bereich religiöse Ideologie. Den höchsten Anstieg gab es auch hier bei offiziell nicht zuzuordnenden Taten, deren Zahl um 519,6 Prozent auf 285 zunahm. 64 der antisemitischen Delikte waren Gewalttaten, darunter 51 Körperverletzungen.
Ein sehr durchwachsenes Bild gibt es im Bereich Hasskriminalität. Insgesamt bleibt die Zahl der Straftaten mit 10.501 weitgehend konstant (plus 2,5 Prozent), nicht aber die Daten im Detail. So nahmen behindertenfeindliche Taten um 81,5 Prozent zu, allerdings bei einer vergleichsweise geringen Fallzahl von 118.
Steigerungen um jeweils mehr als 50 Prozent gab es bei der Hasskriminalität auch bei Taten zur sexuellen Orientierung oder Identität auf 870 beziehungsweise 340 Fälle. Den mit Abstand höchsten Anteil bilden weiterhin 9236 fremdenfeindliche Taten (minus 2,0 Prozent) und 4735 ausländerfeindliche Taten (minus 10,6 Prozent). Mehrfachzuordnungen sind jeweils möglich.