Gericht verhandelt Böhmermanns Unterlassungsklage wegen Merkels Gedichtkritik
Vor dem Berliner Verwaltungsgericht ist am Dienstag die Unterlassungsklage des Satirikers Jan Böhmermann gegen das Bundeskanzleramt verhandelt worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Kanzlerin nannte Satire über türkischen Staatschef Erdogan «bewusst verletzend».
Böhmermann will erwirken, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Kritik an seinem sogenannten Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zurücknehmen muss. Bereits am Nachmittag wird ein Urteil erwartet.
Böhmermann selbst nahm an der Verhandlung nicht teil. Konkret kritisierte sein Anwalt Reiner Geulen, dass im Onlineauftritt der Bundesregierung weiter das Protokoll einer Bundespressekonferenz vom April 2016 zu finden sei. Dort hatte Regierungssprecher Steffen Seibert Merkels Kritik an dem Gedicht wiedergegeben.
Seibert hatte gesagt, Merkel habe mit dem damaligen türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu telefoniert - dabei sei es auch um das Schmähgedicht gegangen. Die beiden hätten sich darauf geeinigt, dass der Text «bewusst verletzend» sei. Wenige Tage später liess Merkel ebenfalls öffentlich erklären, dass diese Formulierung ein «Fehler» gewesen sei.
Böhmermanns Klage bezieht sich dennoch auf diese Wortwahl. Sein Anwalt Geulen bemängelte, die digitale Dokumentation der Formulierung «bewusst verletzend» sei mit einer «ständigen Wiederholung» dessen gleichzusetzen. «Das ist in der Welt, und das ist nicht ein alter Hut», sagte er. Zudem vertrat Geulen die Auffassung, es habe sich dabei um eine «rechtliche Bewertung» sowie einen Eingriff in die Presse- und Kunstfreiheit Böhmermanns gehandelt.
Wolfram Hertel, der das Bundeskanzleramt vertrat, hielt dagegen, es handle sich ausschliesslich um ein wahrheitsgemässes Protokoll. Es bestehe keinerlei Gefahr, dass die Bundesregierung diese Formulierung so wieder tätigen werde. Zudem habe Merkel das Gedicht ausschliesslich politisch und nicht etwa juristisch bewertet.
Böhmermann hatte das Gedicht in seiner ZDF-Sendung «Neo Magazin Royale» vom 31. März 2016 vorgetragen. Er löste damit sowohl in der Türkei wie auch in Deutschland heftige Reaktionen aus. Die Affäre um das Schmähgedicht belastete das deutsch-türkische Verhältnis lange.