Mindestens zwei Tote und hunderte Festnahmen bei neuen Massenprotesten in Indien
Bei erneuten Massenprotesten gegen das neue Einbürgerungsrecht in Indien hat es Ausschreitungen mit mindestens zwei Todesopfern sowie hunderten Festnahmen gegeben.
Das Wichtigste in Kürze
- Kritik an Benachteiligung von Muslimen durch neues Einbürgerungsrecht.
In der südindischen Stadt Mangaluru seien am Donnerstag zwei Männer durch Polizeischüsse gestorben, sagte ein Behördenvertreter. Gewaltsame Zusammenstösse zwischen Demonstranten und Polizisten wurden ausser aus dem Bundesstaat Karnataka auch aus Uttar Pradesh im Nordosten und Gujarat im Nordwesten des Landes gemeldet.
Bei den zwei Todesopfern in Mangaluru handele es sich um Männer im Alter von 23 und 49 Jahren, sagte Behördensprecher Qadir Shah der Nachrichtenagentur AFP. Die Polizei habe geschossen, weil rund 200 Demonstranten auch nach dem Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas weitermarschiert seien.
Wegen der Gewalt seien in der Stadt eine Ausgangssperre verhängt und Schulen, Restaurants und Bars geschlossen worden, sagte Shah. Laut einem Vertreter der örtlichen Gesundheitsbehörde wurden vier weitere Menschen wegen Schussverletzungen im Zuge der Proteste behandelt.
Aus einem Krankenhaus in Lucknow, der Hauptstadt von Uttar Pradesh, verlautete, ein Mann, der bei Protesten eine Schussverletzung erlitten habe, sei kurz nach seiner Einlieferung gestorben. Die örtliche Polizei bestätigte die Angabe nicht. Die Zeitung «Times of India» zitierte aber den Vater des Opfers, der angab, sein Sohn sei beim Einkaufen in eine Demonstrantenmenge geraten und erschossen worden.
Die grösste Demonstration des Tages fand mit 60.000 Teilnehmern in Malegaon im zentralen Bundesstaat Maharashtra statt. In Kolkata gab es Schätzungen zufolge mehr als 40.000 Demonstranten, in Mumbai mehrere tausend. Mitunter wurden Proteste unterbunden, indem Demonstranten in Polizeibusse verfrachtet und Mobilfunkverbindungen unterbrochen wurden. In der Hauptstadt Neu Delhi wurden Metrostationen gesperrt.
Indien hat eine mehrheitlich hinduistische Bevölkerung von insgesamt 1,3 Milliarden Menschen, von denen rund 200 Millionen Muslime sind. Auslöser der Proteste ist ein vergangene Woche vom Oberhaus verabschiedetes Staatsbürgerschaftsgesetz. Es sieht für nicht-muslimische Einwanderer aus Indiens Nachbarstaaten Bangladesch, Pakistan und Afghanistan Vereinfachungen bei der Einbürgerung vor.
Gegner des Gesetzes sehen dadurch die Neutralität des Staates in Glaubensfragen verletzt. Regierungschef Narendra Modi aber rechtfertigte die Änderung, Muslime in Bangladesch, Pakistan und Afghanistan bedürften keines Schutzes.
Schon vorige Woche hatte es Massenproteste gegen die Einbürgerungsreform gegeben. Dabei kamen sechs Menschen ums Leben, Dutzende weitere wurden verletzt.
Am Mittwoch erliessen die Behörden in weiten Teilen Indiens Versammlungsverbote. Betroffen waren Bürger im gesamten Bundesstaat Uttar Pradesh, in Teilen des Bundesstaates Bihar sowie in ganz Bangalore, der Hauptstadt von Karnataka. Auch für Gebiete im Nordosten des Landes sowie Teile der Städte Neu Delhi, Bihar, Hyderabad und Chennai galten Versammlungsverbote.
In Samhbal in Uttar Pradesh widersetzten sich am Donnerstag hunderte Demonstranten dem Verbot. Sie steckten Fahrzeuge in Brand und bewarfen Sicherheitskräfte mit Steinen. Die Polizei habe daraufhin Tränengas eingesetzt, sagte Polizeichef Yamuna Prasad AFP. Auch in Uttar Pradeshs Hauptstadt Lucknow und in Gujarat, dem Heimatstaat von Ministerpräsident Modi, ging die Polizei mit Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcke gegen Demonstranten vor.