Irans Frauen trotzen dem Stadionverbot

Lara Marty
Lara Marty

Iran,

«Fussball kann Menschen zusammenbringen, egal, welche Hautfarbe, Geschlecht oder sozialen Hintergrund sie haben», wirbt die FIFA auf ihrer Homepage. Doch wenn in sieben Wochen die Fussball-WM startet, wird mit dem Iran ein Land dabei sein, in dem dies absolut nicht der Fall ist.

Ein Besuch im Fussballstadion ist für iranische Frauen nur als verkleideter Mann möglich.
Ein Besuch im Fussballstadion ist für iranische Frauen nur als verkleideter Mann möglich. - Instagram / khoshnavazzahra

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Besuch eines Fussballstadions ist für Frauen im Iran verboten.
  • Um die Polizei zu überlisten, verkleiden sich weibliche Fussballfans als Männer.
  • An der Fussball-WM 2018 ist der Iran das einzige Teilnehmer-Land, in dem Frauen kein Fussball schauen dürfen.

Wenn die Berner Young Boys heute Abend gegen den FC Luzern um den Meistertitel kämpfen, wird die Menge toben, lauthals Fangesänge grölen und sich zum Spielende in den Armen liegen. Trunken vor Glück oder betrübt – je nach Spielausgang und je nach favorisieren der Mannschaft. Jung und Alt werden in den Fankurven sein, Männer und Frauen stolz ihre Fanartikel tragen. Ein Bild das für uns so selbstverständlich – und im Iran so unvorstellbar ist.

Denn die schiitischen Geistlichen, die seit der islamischen Revolution von 1979 Religion, Politik und Gesellschaft in Iran dominieren, haben es Frauen verboten, Fussballspiele von Herrenteams im Stadion anzuschauen. Das Verbot gilt seit 1981 im ganzen Land. Doch ein kleines Dorf widersetzt sich. Anfang April berichtete die iranische Tageszeitung «Sobhe No» zum ersten Mal über Shahidhjan und seither ist das 200-Seelen-Dorf landesweit bekannt. Wenn die Bewohner einmal im Jahr ihre Turniere durchführen, sitzen auch die Frauen im Publikum. «Auf dem Lande arbeiten Männer und Frauen gemeinsam auf den Feldern – also sollen sie auch gemeinsam Fussball schauen dürfen», begründet der Dorfvorsteher Ali Amrani jeweils gegenüber den Medien.

Stadionbesuch nur mit falschem Bart möglich

Das kleine Dorf ist aber eine grosse Ausnahme. In der Hauptstadt Teheran müssen weibliche Fussballfans erfinderisch werden, um sich ein Spiel von der Tribüne aus anzuschauen. Manche verkleiden sich als Männer und kleben sich falsche Bärte an, um Polizisten zu überlisten. So auch Zahra Khoshnavaz, die ihre kleinen Siege gegen das Gesetz jeweils mit Fotos und Videos auf Instagram feiert:

Das Stadionverbot macht auch vor Shohreh Mousavi nicht halt. Die 51-Jährige ist seit vergangenem Jahr Chefin des Zweitligisten FC Baadran Teheran. Damit ist sie die einzige Frau, die im Iran an der Spitze eines Fussballclubs steht. Für Mousavi wurde im VIP-Bereich des Kargar-Stadions extra einen eigenen Bereich geschaffen, der mit dunklen Scheiben abgetrennt ist. Aber das reicht nicht. «Ich wurde mehrmals von Sicherheitsbeamten aus unserem eigenen Stadion herausgeschmissen», sagte Mousavi der iranischen Nachrichtenagentur Isna.

FIFA schaut zu

Hoffnung, dass sich am Stadionverbot für Frauen etwas ändern könnte, besteht kaum. Seit Jahrzehnten werden zwar immer mal wieder Überlegungen dazu geäussert, passiert ist aber nie etwas. Im Gegenteil: Seit 2012 sind auch Volleyballspiele für Iranerinnen tabu. Und erst vor Kurzem wurden 35 Frauen in Teheran festgenommen, weil sie versuchten, ins Stadion zu gelangen. Und das vor den Augen von FIFA-Präsident Gianni Infantino. Wenn also in sieben Wochen in Russland die Fussball-WM startet, wird Iran das einzige Teilnehmerland sein, in dem Frauen nicht mit ihrer Mannschaft mitfiebern dürfen.

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