Westjordanland

Israel gerät wegen Besetzung des Westjordanlands unter Druck

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Deutschland,

An mehreren Fronten kämpft Israel gegen die Hamas und die Hisbollah-Miliz. Auf dem glatten Parkett der Weltdiplomatie droht jedoch eine weitere Schlappe.

Israels Militär tötete im Westjordanland mehrere Militante - Kameraden nehmen an ihrem Begräbnis teil. (Archivi
Israels Militär tötete im Westjordanland mehrere Militante - Kameraden nehmen an ihrem Begräbnis teil. (Archivi - Majdi Mohammed/AP/dpa

Mit einer neuen Resolution in der UN-Vollversammlung wollen die Palästinenser den Druck auf Israel zum Rückzug aus besetzten Gebieten erhöhen. Eine Reihe von Staaten beantragte eine Sitzung des grössten UN-Gremiums zur Abstimmung über eine Resolution, die die Umsetzung eines Rechtsgutachtens des obersten UN-Gerichts zum Nahost-Konflikt durchsetzen soll. Diese könnte am Dienstag, den 17. September, über die Bühne gehen.

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hatte im Juli in einem Rechtsgutachten festgestellt, das die Besatzung der palästinensischen Gebiete illegal sei und so schnell wie möglich beendet werden müsse. Israel hatte dies ignoriert. Die UN-Vollversammlung soll nun am kommenden Dienstag über eine Beschlussvorlage abstimmen, die unter anderem fordert, dass «Israel seine unrechtmässige Anwesenheit im besetzten palästinensischen Gebiet» innerhalb von zwölf Monaten beenden müsse. Traditionell gibt es bei den Vereinten Nationen eine grosse Mehrheit für palästinensische und gegen israelische Anliegen.

Israel hatte das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem im Sechstagekrieg von 1967 erobert und besetzt. Die Palästinenser beanspruchen diese Gebiete für einen eigenen Staat, der an der Seite Israels entstehen sollte und den die meisten Länder der Welt, so auch Deutschland, bis heute befürworten. 2005 hatte Israel den Gazastreifen wieder verlassen, kontrolliert aber weiter die Grenzen zu Land, Wasser und in der Luft.

Treffen in Madrid fordert Ende des Gaza-Kriegs

Seit dem 7. Oktober des Vorjahres führt Israel einen blutigen Krieg gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen. Auslöser war das beispiellose Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen im Süden Israels verübt hatten. Dabei waren 1.200 Menschen getötet und weitere 250 als Geiseln verschleppt worden. Auf palästinensischer Seite starben seitdem nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 41.000 Menschen, wobei nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschieden wird.

Die proiranische Schiiten-Miliz Hisbollah greift seit dem 8. Oktober den Norden Israels mit Raketen und Drohnen an, wobei sie vorgibt, aus Solidarität mit der Hamas zu handeln. Israel erwidert den Beschuss mit Luftangriffen auf Stellungen und Kader der Hisbollah im Südlibanon, aber immer wieder auch tief im Inneren des nördlichen Nachbarlandes.

Bei einem Treffen hochrangiger Politiker aus mehreren Ländern Europas, Asiens und Afrikas forderten die Teilnehmer ein Ende des Gaza-Kriegs. Man sei in Madrid zusammengekommen, «um auf ein Ende des Krieges in Gaza und auf die Umsetzung der Zweistaatenlösung zu drängen», teilte der spanische Aussenminister José Manuel Albares auf der Plattform X mit.

«Die Zweistaatenlösung ist der einzige Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden», sagte Albares nach dem Treffen. Dringender seien aber zunächst eine Waffenruhe, die Freilassung der noch von der Hamas festgehaltenen Geiseln sowie eine massive Aufstockung humanitärer Hilfe für den Gazastreifen.

Mit dem Begriff Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt eine Zweistaatenlösung ebenso ab wie die Hamas, die sich die Vernichtung Israels zum Ziel gesetzt hat.

Die linke Regierung in Madrid gehört in Europa zu den schärfsten Kritikern an Israels militärischem Vorgehen in Gaza. Neben Spanien hatten im Frühsommer auch die EU-Länder Irland und Slowenien sowie das Nato-Land Norwegen Palästina als eigenständigen Staat anerkannt.

An dem Treffen in Madrid nahmen der EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell, der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Mustafa, der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Gheit, sowie Minister und Vertreter unter anderem aus Norwegen, Irland, Slowenien, der Türkei, Ägypten, Saudi-Arabien, Katar und Bahrain teil.

Tote bei israelischem Militäreinsatz im Westjordanland

Das israelische Militär tötete in den letzten 48 Stunden bei einer Anti-Terror-Operation im nördlichen Westjordanland nach eigenen Angaben sechs militante Palästinenser. Fünf bewaffnete Männer seien in der Ortschaft Tubas bei einem gezielten Luftangriff ums Leben gekommen, hiess es in einer Mitteilung der Streitkräfte. Ein sechster Militanter sei in der Flüchtlingssiedlung Fara in Tubas durch Schüsse getötet worden, als er Sprengsätze gegen israelische Soldaten warf.

Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA teilte indes mit, dass einer seiner Mitarbeiter auf dem Dach seines Hauses in Fara von Scharfschützen erschossen worden sei. Das Hilfswerk betonte, dass es sich um den ersten Fall seit zehn Jahren gehandelt habe, bei dem ein Mitarbeiter im Westjordanland gewaltsam ums Leben kam. Das israelische Militär gab anschliessend bekannt, dass es sich bei dem getöteten UNRWA-Mitarbeiter um den Mann gehandelt habe, der israelische Soldaten mit Sprengsätzen angegriffen hatte. Obwohl bei der UNRWA angestellt, sei der Mann dem Besatzungsmilitär schon davor durch «terroristische Aktivitäten» aufgefallen. Die Angaben liessen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Erste Phase der Polio-Impfungen in Gaza beendet

Ein seltener Lichtblick lässt sich derweil aus dem vom Krieg verwüsteten Gazastreifen vermelden: Die erste Runde der Impfkampagne gegen das Poliovirus wurde erfolgreich beendet. Das berichtete der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, in Genf. Gut 560.000 Kindern unter zehn Jahren hätten eine erste Impfdosis erhalten. Zu grösseren Zwischenfällen kam es nicht. Die Aktion dauerte knapp zwei Wochen. Die Kinder brauchen in vier Wochen alle eine zweite Impfdosis, um vor einer Ansteckung geschützt zu sein.

Die WHO und Partnerorganisationen hatten mit Israel und der Hamas räumlich und zeitlich begrenzte Feuerpausen ausgehandelt, damit Familien ihre Kinder zu Impfzentren bringen oder mobile Impfteams Familien erreichen konnten. Der Gazastreifen war 25 Jahre lang poliofrei. Bei einem Kind mit Lähmungserscheinungen wurde in diesem Sommer aber Polio nachgewiesen. Das Virus breitet sich unter unhygienischen und beengten Bedingungen wie im Gazastreifen aus.

Ein Grossteil der rund zwei Millionen Einwohner ist seit Beginn der israelischen Militäraktion vor fast elf Monaten vertrieben worden, weil ihre Viertel bombardiert und ihre Häuser teils zerstört wurden.

Kommentare

User #5608 (nicht angemeldet)

Israel besetzte - notabene illegalerweise - das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem mittels Sechstagekrieg von 1967. Das war 1948 nicht so vereinbart worden! Auch danach kam es durch Israel laufend zu weiteren gewaltsamen Enteignungen und deren Grundbesitzer und weitere Bewohner wurden in primitive Lager vertrieben, ohne sich rechtlich wehren zu können, wehren zu dürfen. Denn die Weltöffentlichkeit war - in Erinnerung an vergangene 1940er-Zeiten - im Modus des Allesverzeihens. Die Palästinenser beanspruchen diese Gebiete für einen eigenen palästinensischen Staat, der an der Seite Israels entstehen sollte und den die meisten Länder der Welt, so auch Deutschland, bis heute befürworten. Warum wird das nicht durchgesetzt?! Das ist der Haken an dieser Sache! Und darum geben die Palästinenser (mittels Hamas) keine Ruhe. Zu Recht! Israel muss sich auf die Gebiete, die ihm 1948 von der UNO zugesprochen wurden, zurückziehen und sich mit diesen zufriedengeben. Dieses seit Jahren andauernde Weiterausbreiten und dieses Enteignen von palästinensischen Grundbesitzern ist rechtlich nicht in Ordnung und zudem eine massive Menschenrechtsverletzung in unzähligen Fällen! Und es komme mir hier niemand mit Antisemitismusvorwürfen, denn das ist in dieser rechtlichpolitischen Angelegenheit daneben.

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