Kaschmir-Konflikt droht nach indischem Luftangriff auf Pakistan zu eskalieren
Im Kaschmir-Konflikt zwischen Indien und Pakistan wächst die Gefahr einer neuen militärischen Eskalation: Das indische Militär flog nach Regierungsangaben vom Dienstag Luftangriffe auf Ziele in Pakistan und tötete dabei eine «sehr grosse Anzahl» islamistischer Kämpfer.
Das Wichtigste in Kürze
- Indien meldet «grosse Anzahl» getöteter Islamisten - Islamabad droht mit Antwort.
Pakistan bestätigte eine Verletzung seines Luftraums und drohte «baldige» Gegenmassnahmen an. China und die EU riefen die beiden Atommächte zu Zurückhaltung in dem seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt auf.
Nach Angaben von Indiens Aussenstaatssekretär Vijay Gokhale galt der Luftangriff einem Lager der Islamistengruppe Jaish-e-Mohammed (Armee Mohammeds) nahe der pakistanischen Stadt Balakot. Der Angriff sei präventiv erfolgt, um drohende Selbstmordanschläge in Indien zu vereiteln. Indien hätten «glaubwürdige Informationen» über Anschlagspläne vorgelegen.
Bei dem Angriff in der Nacht zu Dienstag seien «Terroristen, Ausbilder, hochrangige Befehlshaber» und potenzielle Selbstmordattentäter «eliminiert» worden, sagte der indische Vertreter weiter.
Pakistan wies diese Angaben zurück: Es gebe kein «Terrorcamp», zudem sei bei dem Angriff niemand getötet worden. Pakistans Aussenminister Shah Mehmood Qureshi verurteilte die Verletzung des Luftraums als «ungerechtfertigte Aggression, auf die Pakistan zu gegebener Zeit und an gegebenem Ort antworten wird». Indiens Behauptung, viele islamistische Kämpfer getötet zu haben sei «eigennützig, rücksichtslos und erfunden», sagte Qureshi.
Zuvor hatte ein Armeesprecher bereits mitgeteilt, es habe keine Verluste oder sonstige Schäden bei dem Angriff gegeben. Pakistanische Kampfflugzeuge hätte die indischen Flieger vielmehr zur Umkehr gezwungen, diese hätten auf dem Rückflug «Ladung» abgeworfen. Was genau damit gemeint war, blieb unklar.
Die Anspannung in der Region ist gross, seit bei einem Selbstmordattentat am 14. Februar 41 indische Sicherheitskräfte getötet wurden. Die Islamistengruppe Jaish-e-Mohammed beanspruchte die Tat für sich. Indien beschuldigt Pakistan, den Anschlag unterstützt zu haben. Islamabad weist die Anschuldigungen zurück.
Indiens Regierungschef Narendra Modi und sein pakistanischer Kollege Imran Khan beriefen nur Stunden nach dem Vorfall Dringlichkeitssitzungen mit wichtigen Kabinettsmitgliedern ein.
Balakot liegt in der nordwestlichen pakistanischen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, einige Kilometer ausserhalb des teilautonomen pakistanischen Gebiets in der Region Kaschmir.
Ein Angriff auf pakistanisches Hoheitsgebiet jenseits der Demarkationslinie würde eine bedeutende Eskalation zwischen den Erzfeinden bedeuten, sagte ein Experte. Indien hatte zuletzt während des indisch-pakistanischen Krieges 1971 Luftangriffe auf Pakistan geflogen.
Seit einem Krieg 1947 ist die Region zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan geteilt, wird aber bis heute von beiden Staaten zur Gänze beansprucht. Seit 1989 kämpfen mehrere muslimische Rebellengruppen teils für die Unabhängigkeit Kaschmirs, teils für den Anschluss der Region an Pakistan.
China drängte Indien und Pakistan am Dienstag dazu, "Zurückhaltung zu üben". Beide müssten bei der Stabilisierung der Situation in der Region helfen und ihre Beziehungen verbessern, erklärte ein Sprecher des Aussenministeriums. Auch die EU forderte die beiden verfeindeten Staaten zu "maximaler Zurückhaltung auf.