Kreml-Kritiker Nawalny meldet neue Ermittlungen gegen sich
Das Wichtigste in Kürze
- Inhaftierter Oppositionspolitiker soll angeblich Spenden veruntreut haben.
Nun werde ihm vorgeworfen, «alle Spenden» an seine Anti-Korruptionsstiftung veruntreut sowie eine rechtswidrige Organisation gegründet zu haben, erklärte Nawalny am Dienstag auf Instagram. Zudem werde er beschuldigt, während einer Gerichtsverhandlung eine Richterin beleidigt zu haben.
«Mein einflussreiches kriminelles Kartell wächst», schrieb der russische Oppositionelle ironisch. «Ich bin ein Genie und der Strippenzieher der kriminellen Unterwelt.» Ein Vertreter des für schwere Straftaten zuständigen Ermittlungskomitees habe ihn über die neuen Vorwürfe informiert, erklärte der 44-Jährige weiter. Demnach seien 21 Mitglieder des Komitees mit den Ermittlungen befasst.
Bereits im Dezember des vergangenen Jahres hatte das Ermittlungskomitee mitgeteilt, über genügend Beweise zu verfügen, um ein Betrugsverfahren gegen Nawalny einzuleiten. Nawalny habe mehr als 356 Millionen Rubel (3,9 Millionen Euro) veruntreut, hiess es damals.
Laut Nawalny werfen ihm die Ermittler nun auch die rechtswidrige Gründung einer gemeinnützigen Organisation vor sowie die Anstiftung der Russen zur Nichterfüllung ihrer «bürgerlichen Pflichten». Diese Vorwürfe stünden in Zusammenhang mit der Veröffentlichung einer Recherche seiner Organisation, in der es um das Vermögen des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegangen sei, erklärte der Kreml-Kritiker. Eine im Januar von Nawalnys Organisation veröffentlichte Recherche über einen angeblich für Putin gebauten Palast am Schwarzen Meer hatte in Russland für Furore gesorgt. Putin bestreitet, dass das riesige Anwesen ihm gehört.
«Putin hat entschieden, Nawalny sein ganzes Leben im Gefängnis zu behalten», schrieb Nawalnys Mitarbeiterin Maria Pewtschich auf Twitter. Für den Kreml-Chef sei dies «bequemer», fügte sie hinzu.
Unter Berufung auf ein hochrangiges Mitglied der russischen Ermittlungsbehörden erklärte Pewtschich weiter, die neuen Beleidigungsvorwürfe gegen Nawalny stünden im Zusammenhang mit Äusserungen des Oppositionspolitikers gegenüber der Richterin Vera Akimova während eines Prozesses im Februar. Nawalny wurde in dem Prozess wegen des Vorwurfs verurteilt, einen Weltkriegsveteranen beleidigt zu haben.
Nawalny hatte im vergangenen August einen Anschlag in Russland mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe überlebt, für den er den Kreml verantwortlich macht. Nach seiner Behandlung in der Berliner Charité wurde er nach seiner Rückkehr im Januar in Russland festgenommen und später wegen angeblicher Verstösse gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt.
Der 44-Jährige befindet sich derzeit in einem Straflager in der Region Wladimir, etwa hundert Kilometer von Moskau entfernt. Seit seiner Verhaftung haben die russischen Behörden den Druck auf ihn und seine Unterstützer massiv erhöht. So hat die Staatsanwaltschaft beantragt, Nawalnys regionales Netzwerk und seine Anti-Korruptionsstiftung als «extremistische» Organisationen einzustufen.
Das russische Parlament strebt zudem den Ausschluss von Nawalnys Unterstützern von der Unterhaus-Wahl im September an. Am Dienstag stimmten die Abgeordneten der Duma in zweiter Lesung für einen Gesetzentwurf, wonach die Wahl von Mitgliedern «extremistischer Organisationen» zu Parlamentsabgeordneten verboten werden soll.