«Untätigkeit» und «verheerende Fehler» - CDU-Politiker greifen Merkel scharf an
Nach dem schlechten Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl in Thüringen gehen aktuelle und frühere Funktionäre der Partei auf Bundeskanzlerin Angela Merkel los.
Das Wichtigste in Kürze
- Junge-Union-Chef Kuban sieht Spahn als möglichen künftigen Kanzler.
Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz warf ihr «Untätigkeit und die mangelnde Führung» vor, der Vorsitzende der rechtskonservativen Werte-Union, Alexander Mitsch, sprach von «verheerenden Fehlern». Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) warnte seine Partei vor zu viel Selbstbeschäftigung.
Merz plädierte am Montagabend im ZDF für das vorzeitige Ende von Merkels Amtszeit. «Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei Jahre dauert bis zum Ende dieser Wahlperiode», sagte er. «Das geht einfach nicht.» Dafür seien die Probleme in Deutschland, aber auch die internationalen Herausforderungen viel zu gross.
«Wir sind in einer ganz schwierigen Situation», sagte Merz weiter. Seit Jahren lege sich «wie ein Nebelteppich die Untätigkeit und die mangelnde Führung durch die Bundeskanzlerin» über das Land. Das gesamte Erscheinungsbild der Bundesregierung sei «einfach grottenschlecht».
Werte-Unions-Chef Mitsch sagt der Nachrichtenagentur AFP, das «Wahldesaster» in Thüringen habe seine Ursache «in den verheerenden Fehlern der Kanzlerin. Genau deshalb muss die notwendige Politikwende hier ansetzen.»
Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warf der Bundesregierung und «besonders der Bundeskanzlerin» eine «Argumentationsenthaltung» vor. Dies gelte vor allem in der Klimaschutzdebatte, schrieb er in einem Beitrag für das Magazin «Cicero». Deutschland brauche eine Kanzlerin, «die durch das Land reist und für ihre Konzepte, auch ihre Kompromisse wirbt».
Allgemein kritisierte Koch, es fehlten heutzutage «Persönlichkeiten, die von einer Vision geprägt sind und die Bereitschaft zeigen, für diese Vision ihre politische Existenz zu riskieren». Die Führung einer Partei müsse «von den eigenen Ideen so überzeugt sein, dass sie bereit ist, dafür den Preis der Opposition zu zahlen».
Der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Tilman Kuban, lobte demonstrativ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Dieser sei ein «fleissiger und sehr durchsetzungsstarker Minister», sagte Kuban der «Zeit». Er wünsche sich, dass Spahn «noch mehr Verantwortung in unserem Land hätte». Spahn habe auch das Zeug dazu, die Regierung zu führen, jedoch stelle sich diese Frage aktuell nicht.
Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) warnte seine Partei vor zu viel Nabelschau. «Mit dem Gerede über die Kanzlerkandidatur muss endlich Schluss sein», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Dienstag. «Sonst erleiden wir mit der ständigen Selbstbeschäftigung das gleiche Schicksal wie die SPD und marginalisieren uns selbst.»
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Montag ihre innerparteilichen Kritiker aufgefordert, aus der Deckung zu kommen. Wer jetzt schon gegen ihren Willen die Frage der Kanzlerkandidatur klären wolle, solle auf dem Bundesparteitag Ende November in Leipzig für Mehrheiten werben, sagte sie nach einer Vorstandssitzung. Darin hatte JU-Chef Kuban ihre Eignung als Kanzlerkandidatin angezweifelt und eine rasche Klärung gefordert.