Peking wirft London «Einmischung» in Hongkong-Krise vor
Im Streit um den Umgang mit der Protestbewegung in Hongkong hat China die Kritik der britische Regierung mit scharfen Worten zurückgewiesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Behörden in Hongkong fahnden intensiv nach Demonstranten.
Der chinesische Botschafter in London beschwerte sich am Mittwoch über eine «Einmischung» des Vereinigten Königreichs und warnte vor einer Verschlechterung der Beziehungen. Die britische Regierung bestellte den Botschafter ins Aussenministerium in London ein. Die Behörden in Hongkong kündigten derweil ein hartes Vorgehen gegen die Demonstranten an.
Der Ärger Pekings richtete sich insbesondere gegen den britischen Aussenminister Jeremy Hunt. Dieser hatte am Dienstag betont, Grossbritannien erwarte die Einhaltung rechtlich bindender Abkommen durch Hongkong. Ansonsten drohten «ernsthafte Konsequenzen».
Botschafter Liu Xiaoming bezeichnete es in einer live im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz in London als «enttäuschend», wenn hochrangige Regierungsvertreter «ihre Unterstützung für Gesetzesbrecher zum Ausdruck bringen». «Neue Einmischungen» Grossbritanniens in die innerchinesischen Angelegenheiten würden den Beziehungen «noch weiter schaden», warnte Liu.
Auch aus Peking kamen scharfe Worte gegen Hunt. «Offenbar fantasiert er im verblassten Ruhm des britischen Kolonialismus und in der schlechten Angewohnheit, auf die Angelegenheiten anderer Länder herabzublicken», sagte Aussenministeriumssprecher Geng Shuang.
China hatte London bei der Übergabe Hongkongs im Jahr 1997 zugesichert, dass in der ehemals britischen Kolonie Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit für mindestens 50 Jahre gewahrt blieben. Hongkongs wiedererstarkte Oppositionsbewegung wirft der pekingtreuen Regierung vor, diese als «Ein Land, zwei Systeme» bekannte Regelung zunehmend zu unterlaufen.
Hunt reagierte auf die Vorwürfe Chinas im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Beziehungen zwischen London und Peking basierten auf «gegenseitigem Respekt» und der Befolgung «gesetzlicher bindender Abkommen», erklärte er.
Die britische Premierministerin Theresa May wandte sich ebenfalls direkt an die chinesische Regierung, wie sie im Parlament sagte. Sie habe ihren «Sorgen» Ausdruck verliehen. «Es ist notwendig, dass Hongkongs hoher Grad an Autonomie und die Rechte und Freiheiten respektiert werden», betonte May.
In Hongkong gibt es seit Wochen eine beispiellose Protestwellee, die sich zunächst vor allem gegen ein geplantes und inzwischen ausgesetztes Auslieferungsgesetz richtete. Dieses sollte auch Auslieferungen an Festland-China ermöglichen. Inzwischen richten sich die Proteste generell gegen die pekingtreue Führung. Am Montag, dem 22. Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China, waren die Proteste eskaliert. Aktivisten besetzten vorübergehend das Regionalparlament.
Die Behörden in Hongkong drohten den Demonstranten am Mittwoch mit harten Konsequenzen. Die Polizei sammle «aktiv» Beweismaterial, um die «Täter zur Rechenschaft zu ziehen», hiess es in einer Erklärung. Die Sicherheitskräfte würden die Demonstranten «entschlossen für ihre illegalen und gewaltsamen Handlungen» verfolgen. Die «South China Morning Post» berichtete, die Behörden werteten derzeit DNA-Material und Fingerabdrücke aus. In «naher Zukunft» sollten Razzien stattfinden.
Eine mit der chinesischen Volksbefreiungsarmee verbundene Tageszeitung veröffentlichte derweil Fotos einer Militärübung in Hongkong aus der Vorwoche. Die chinesische Armee unterhält zwar eine Garnison in Hongkong. Die Präsenz der Soldaten bleibt aber zumeist diskret, im Stadtbild sind sie kaum zu sehen. Die Veröffentlichung sei eine Warnung an die Unabhängigkeitsbefürworter in Hongkong und solle das Ausland von einer Einmischung in Hongkong abhalten", sagte der Experte Ni Lexiong.