Regierung im Libanon berät über Wirtschafts-Reformen
Die Regierung im Libanon ist zu Beratungen über ein wirtschaftliches Reformprogramm zusammengetreten. Grund dafür sind die anhaltenden Massenproteste im Land.
Das Wichtigste in Kürze
- Hunderttausende Libanesen protestieren gegen die politische Führung im Land.
- Derzeit berät die Regierung über wirtschaftliche Reformen.
Die wichtigsten Parteien stellten sich am Vortag hinter ein Reformpaket von Ministerpräsident Saad Hariri. Sie stimmten einem Verzicht auf neue Steuern und die Privatisierung grosser Unternehmen zu, wie ein Regierungsvertreter sagte.
Die Proteste entzündeten sich an einer neuen Steuer auf Telefonate via Internet. Sie richten sich aber auch gegen die verbreitete Korruption sowie die unablässigen Ausfälle bei der Strom- und Wasserversorgung.
Der Ruf nach «Revolution» in Libanon wird laut
Das Kabinett tagte unter Leitung von Präsident Michel Aoun. Hariri hatte den Parteien eine Frist bis Montag gesetzt, um dem Reformplan zuzustimmen.
Am Sonntag beteiligten sich in Beirut und anderen Städten Hunderttausende an den Protestkundgebungen. Dabei wurde unter anderem in Anlehnung an den Arabischen Frühling der Ruf nach einer «Revolution» laut. Gestern Montag blieben Banken, Universitäten und Schulen geschlossen.
Die Proteste waren durch ein Vorhaben der Regierung ausgelöst worden. Dieses sah vor, eine neue Steuer auf Anrufe zu erheben, die über Onlinedienste wie Whatsapp getätigt werden. Die Regierung zog den Plan zwar schnell wieder zurück, doch die Proteste hielten an.
Der Charakter der aktuellen Proteste ist für den Libanon ungewöhnlich. Die traditionellen Vorbehalte zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen wurden bei improvisierten Konzerten überbrückt. Zwischenfälle wurden zunächst nicht bekannt. Freiwillige versorgten die Kundgebungsteilnehmer mit Wasser und sorgten für Ordnung.
Es werden Veränderungen erwartet
Die Politik werde noch 30 Jahre nach dem Bürgerkrieg (1975-90) im Libanon von den «alten Kriegsfürsten» dominiert. Dies kritisierte der jugendliche Demonstrant Patrick Chakar. Seit Jahrzehnten würden Veränderungen erwartet – «aber sie sind dazu nicht in der Lage».
Hariris Einheitsregierung wird von Vertretern aus dem gesamten politischen Spektrum unterstützt. Sie bekommt die Schuldenlast des Landes nicht in den Griff. Die Staatsverschuldung Libanons liegt nach Angaben des Finanzministeriums bei 86 Milliarden Dollar – mehr als 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Sparmassnahmen sind dringend notwendig. Dies um Wirtschaftshilfen in Höhe von elf Milliarden Dollar zu erhalten. Diese wwaren im vergangenen Jahr von internationalen Geldgebern zugesagt worden.