Russland rüstet sich für jahrzehntelange Kriegswirtschaft

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USA,

Auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg präsentiert Kremlchef Putin Russland trotz beispielloser Sanktionen als starke Nation. Vor allem setzt er auf eine florierende Rüstungsproduktion.

Russlands Präsident Wladimir Putin (r) und die ehemalige brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff: Die russischen Behörden nutzen das Forum als Schaufenster, um die Entwicklung des Landes zu präsentieren und Investoren anzulocken.
Russlands Präsident Wladimir Putin (r) und die ehemalige brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff: Die russischen Behörden nutzen das Forum als Schaufenster, um die Entwicklung des Landes zu präsentieren und Investoren anzulocken. - Vladimir Smirnov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Kremlchef Wladimir Putin schwört sein Land nach mehr als zwei Jahren seines Angriffskrieges gegen die Ukraine auf einen Ausbau der Kriegswirtschaft ein. Putin habe eine ganze Liste von Anweisungen für die Entwicklung des Rüstungssektors unterschrieben, um noch mehr Waffen und Munition zu produzieren, sagte der erste Vizeregierungschef Denis Manturow auf dem 27. St. Petersburger Internationalen Wirtschaftsforum (SPIEF).

Bei einer Veranstaltung, in der es um Rüstungsfragen ging, betonten Teilnehmer, dass Russland schneller und zu einem Viertel der Kosten im Westen Waffen und Munition produziere. Das Land stelle sich auf eine jahrzehntelange Kriegswirtschaft ein, hiess es. Die Zahl der Unternehmen – auch im privaten Bereich – sei in den vergangenen beiden Kriegsjahren explosionsartig angestiegen.

«Es gibt inzwischen mehr als 850 davon», sagte Manturow. «Heute ist der militärisch-industrielle Komplex die Lokomotive der Wirtschaft», sagte angesichts grosser Geschäftsabschlüsse auch der Ökonom Pjotr Fradkow, Vorsitzender der Promsvyazbank und Sohn von Michail Fradkow, dem ehemaligen Regierungschef und Direktor des Auslandsgeheimdienstes SWR.

Russland setzt auf Wachstum durch Rüstungsproduktion

Putin hatte zur Eile getrieben, in seinem Krieg die nötigen Rüstungsgüter zeitnah zu produzieren, solange der Westen der Ukraine wegen eigener Engpässe nicht rasch die zugesagten Waffen und Munition liefern könne. Auch dank der Kriegswirtschaft erwartet die russische Führung ein Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um die 2,8 Prozent.

Allein für den Haushaltsposten Verteidigung gibt der Kreml in diesem Jahr umgerechnet etwa 110 Milliarden Euro aus. Hinzu kommen weitere 34 Milliarden Euro für die Bereiche nationale Sicherheit und Sicherheitsorgane. Insgesamt sind das 38,6 Prozent aller Ausgaben des russischen Etats oder 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Militär und Sicherheitsorgane investiert Russland damit erstmals mehr Geld als in Sozialausgaben.

An dem jährlichen Wirtschaftstreffen in St. Petersburg, das seit Mittwoch läuft und an diesem Samstag endet, nehmen Vertreter und Unternehmer Dutzender Länder teil, darunter auch aus den USA und vielen EU-Staaten, aus China und Südamerika. Auch Taliban-Vertreter sind anwesend, nachdem Moskau angekündigt hatte, deren Status als Terrororganisation in Russland zu beenden – und mit den Machthabern in Afghanistan zu kooperieren.

Russland könnte bald offen Waffen an Feinde der USA liefern

Angesichts westlicher Waffenlieferungen an die Ukraine, die damit auch russisches Staatsgebiet beschiessen will, drohte Putin bei dem Forum mit einer «asymmetrischen Antwort». Moskau könnte demnach künftig russische Waffen an jene Länder liefern, die im Konflikt stünden zu den USA und anderen Nato-Mitgliedern. Putin sagte in St. Petersburg, dass Moskau über die Antwort auf die westliche Beteiligung an dem Konflikt in der Ukraine nun nachdenke.

Der 71-Jährige will sich heute bei einer Rede und einer Fragerunde zur wirtschaftlichen Lage in Russland und zur globalen Politik äusseren. Er hatte immer wieder angekündigt, eine neue Weltordnung aufbauen zu wollen – ohne Vormachtstellung der USA. Das Wirtschaftsforum steht in diesem Jahr unter dem Motto «Grundlagen der multipolaren Welt – die Bildung neuer Stellen für Wachstum».

Putin machte auch deutlich, dass sich Russland gegen die Erwartung vieler bisher gut behaupte gegen die Strafmassnahmen des Westens. Die Verbündeten der Ukraine, darunter Deutschland, hatten ursprünglich das Ziel verfolgt, mit den Sanktionen die Kriegsmaschinerie Russlands zu stoppen. Stattdessen sind die russischen Truppen seit Wochen auf dem Vormarsch im Osten der Ukraine. Auf dem Forum berichteten etwa chinesische Unternehmer auch an konkreten Beispielen, wie sie Russland helfen, durch die Sanktionen gestörte Projekte fertigzustellen.

Viele westliche Unternehmen weiter in Russland tätig

Westliche Experten bestätigen, dass die russische Wirtschaft trotz des Drucks durch die Sanktionen vergleichsweise robust sei. Das Wiener Wirtschaftsinstitut wiiw ermittelte in einer Analyse, dass der Grossteil der westlichen Unternehmen trotz der Sanktionen auf dem russischen Markt weiter präsent sei. Nur 9,5 Prozent oder 359 der ausländischen Unternehmen hätten den Markt verlassen im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine. Allerdings hätten diese grossen Akteure für rund 30 Prozent des Umsatzes ausländischer Unternehmen in Russland gestanden.

Weitere 32,2 Prozent der Firmen (1214) hätten ihre Geschäftstätigkeit reduziert, hiess es in der Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw). Viele Unternehmen seien noch unentschlossen. Deutschland liegt mit 11 Prozent abgewanderter Firmen und mit rund 37,5 Prozent Anteil am Gesamtumsatz etwas über dem Schnitt, hiess es. Unternehmen wie Metro, Globus und Ritter Sport sind weiter präsent in Russland.

Für Unsicherheit sorgt indes in westlichen Unternehmerkreisen die drohende Beschlagnahmung oder Verstaatlichung ihrer Vermögen durch den Machtapparat in Moskau – im Gegenzug für die eingefrorenen russischen Anlagen im Ausland. Putin hatte unlängst ein Dekret unterzeichnet, dass die Beschlagnahme von US-Vermögen in Russland vorsieht als Reaktion auf entsprechende Schritte Washingtons.

Kommentare

User #6361 (nicht angemeldet)

Der Mensch ist ein rationales Wesen.

User #2959 (nicht angemeldet)

Was macht das für einen Sinn, etwas zu produzieren, das in zwei Wochen zerstört ist? Was im Krieg vernichtet wird, fehlt dem Volk. Wie lange hält das eine Nation aus? Mit Repressionen und Unterdrückung befürchte ich, noch lange.

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