Scholz kritisiert Putin-Interview als höhnisch
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat das Interview des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einem rechtsgerichteten US-Talkmaster scharf kritisiert.
Scholz sagte am Freitag bei einem Besuch in der US-Hauptstadt Washington, es handele sich um ein Interview, «das ehrlicherweise nur verhöhnt, was an realen Taten von Russland in der Ukraine gemacht worden ist und eine völlig absurde Geschichte erzählt über die Ursache für diesen Krieg».
Scholz betonte: «Es gibt eine ganz klare Ursache.» Das sei der Wille des Kremlchefs, sich einen Teil der Ukraine einzuverleiben. «Und alle Geschichten, die dazu erzählt werden, ändern nichts daran, dass genau das der Zweck seiner imperialistischen Bestrebungen ist.»
Putin hatte sich erstmals seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vor knapp zwei Jahren ausführlich von einem US-Interviewer befragen lassen. Das 127 Minuten lange Gespräch mit dem rechten Talkmaster Tucker Carlson wurde bereits am Dienstag aufgezeichnet und in der deutschen Nacht zu Freitag veröffentlicht.
Der für die Verbreitung von Falschmeldungen und Verschwörungstheorien bei seinem früheren Arbeitgeber Fox News bekannte Fernsehmann Carlson stellte Putins langatmige Ausführungen nicht infrage. Kritiker hatten dies schon im Vorhinein des Gesprächs als Grund ausgemacht, warum der Kremlchef dem Amerikaner ein Interview gewährt haben dürfte.
Chancen für Freilassung von US-Journalisten Evan Gershkovich
Am Ende sprach Carlson den Präsidenten direkt auf den in russischer Untersuchungshaft sitzenden US-Journalisten Evan Gershkovich an und fragte, ob es Chancen auf dessen Freilassung gebe. Putin gab sich gesprächsbereit und deutete die Möglichkeit eines Gefangenenaustauschs an. «Es macht keinen Sinn, ihn in Russland im Gefängnis zu halten», sagte der Kremlchef.
Die USA sollten vielmehr darüber nachdenken, wie sie zu einer Lösung beitragen könnten. Weitere Äusserungen Putins liessen sich so interpretieren, dass eine Freipressung des im Dezember 2021 verurteilten Tiergarten-Mörders Vadim K. gemeint sein könnte. Dieser verbüsst eine lebenslange Haftstrafe.
Scholz wurde in Washington gefragt, ob ein solcher Austausch für ihn denkbar wäre. Der Kanzler hielt sich dazu jedoch bedeckt und sagte, solche «delikaten Fragen» müssten vertraulich behandelt werden und nicht vor der Presse.
Scholz war zu einem Kurzbesuch in die US-Hauptstadt gereist. Er wollte dort am Freitagnachmittag den amerikanischen Präsidenten Joe Biden treffen.