Seehofer will Grenzkontrollen zu Schweiz - Scharfe Kritik der Opposition
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die sogenannte Schleierfahndung an der Grenze zur Schweiz verstärken.
Das Wichtigste in Kürze
- Ministerium: Kein «unmittelbarer Zusammenhang» mit Tötungsdelikt in Frankfurt.
Das teilte das Bundesinnenministerium am Freitag in Berlin mit. FDP, Linke und Grüne warfen dem Innenminister Aktionismus und Populismus vor.
Die Ankündigung Seehofers erfolgte wenige Tage nach dem Tötungsdelikt am Frankfurter Hauptbahnhof mutmasslich durch einen aus der Schweiz eingereisten Mann. Einen «unmittelbaren Zusammenhang» gibt es dem Innenministerium zufolge jedoch nicht. Vielmehr wolle der Innenminister «die Grenzen angesichts etwa 43.000 festgestellter unerlaubter Einreisen im vergangenen Jahr stärker in den Blick nehmen».
Geplant sind demnach auch «Schwerpunktmassnahmen» in unmittelbarer Grenznähe. Stationäre Grenzkontrollen wie an der Grenze zu Österreich solle es aber nicht geben. Auch sei an der Schweizer Grenze keine vorübergehende Einführung von Grenzkontrollen im Sinne einer Ausnahmeklausel des Schengener Vertrages vorgesehen. Der Vertrag sieht im Regelfall einen freien Grenzverkehr ohne Kontrollen vor.
Dem Magazin «Spiegel» hatte Seehofer zuvor zur Schweiz gesagt: «Ich werde alles in die Wege leiten, um intelligente Kontrollen an der Grenze vorzunehmen.» Zu den unerlaubten Einreisen sagte er: «Diesem Umstand müssen wir begegnen, durch eine erweiterte Schleierfahndung und anlassbezogene, zeitlich befristete Kontrollen auch unmittelbar an der Grenze.»
Am Montag waren am Frankfurter Hauptbahnhof ein achtjähriger Junge und seine Mutter vor einen einfahrenden Zug gestossen worden - der Junge starb. Tatverdächtig ist ein 40-Jähriger, der zuletzt in der Schweiz lebte und dort polizeilich gesucht wurde.
Aus der Opposition kam scharfe Kritik an dem Vorstoss Seehofers, wobei allerdings ein Zusammenhang zwischen den Kontrollen und dem Tötungsdelikt in Frankfurt angenommen wurde. «Was Seehofer eigentlich will, ist die abgeriegelte Grenze», erklärte der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser. In Fällen wie in Frankfurt hätten solche Kontrollen jedoch den mutmasslichen Täter nicht gestoppt, da nicht europaweit nach ihm gefahndet wurde.
FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae bezeichnete Seehofers Vorhaben als «Aktionismus». Die Möglichkeit zur Schleierfahndung gebe es schon jetzt - «weitergehende Grenzkontrollen wirken zwar zunächst entschlossen, bringen aber wenig».
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, warf Seehofer vor, er instrumentalisiere das Tötungsdelikt von Frankfurt «für seine Abschottungspläne». Das sei «dumpfer Populismus».
«Die populistische Ankündigungspolitik von Horst Seehofer leistet keinerlei Beitrag, die Sicherheit in unserem Land auch nur um einen Deut zu erhöhen», befand auch Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. Sinnvoller sei es, für eine verbesserte Zusammenarbeit mit Schweizer Strafverfolgungsbehörden zu sorgen.
Der AfD dagegen gehen Seehofers Pläne nicht weit genug. «Nicht nur die Grenze zur Schweiz muss im Sinne der Sicherheit der Bürger geschützt, sondern ein allumfassender Grenzschutz etabliert werden», erklärte die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel.
Zustimmung bekam Seehofer aus Baden-Württemberg. «Natürlich ist Schengen eine wichtige Errungenschaft, illegale Grenzübertritte müssen aber unterbunden werden», erklärte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU). Es gehe auch um das Sicherheitsempfinden der Bürger.
Seehofer bekräftigte im «Spiegel» auch sein Vorhaben, nach der Tat in Frankfurt die Sicherheitsvorkehrungen an Bahnhöfen erhöhen. Dabei sollten etwa Schleusen oder Sperren an Bahnsteigen diskutiert werden.