Selenskyj bittet um schnelle Hilfe nach Bombenangriff

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Die ukrainische Stadt Charkiw wurde von Russland erneut mit Gleitbomben beschossen. Getroffen wurden zivile Ziele, es gibt schätzungsweise 56 Verletzte.

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Selenskyj und Pistorius nach einem Besuch der Ausbildung von ukrainischen Soldaten am Flugabwehrraketensystem vom Typ «Patriot». - keystone

Nach dem neuen Bombenangriff auf die ostukrainische Stadt Charkiw hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rasche Hilfe des Westens bei der Flugabwehr gefordert. Schon jetzt habe die Ukraine zwar mehr Fähigkeiten erhalten, russische Stützpunkte für den Start von Raketen nahe der Grenze sowie Konzentrationen von Besatzungstruppen zu zerstören, sagte Selenskyj in seiner am Samstag in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft. Trotzdem habe es allein seit Anfang Juni auf die Ukraine 2400 Angriffe mit russischen gelenkten Fliegerbomben gegeben, darunter allein 700 gegen die Region Charkiw.

«Der russische Terror muss gestoppt werden»

In der Videobotschaft verurteilte Selenskyj erneut den Gleitbombenangriff auf ein Wohnhaus im Zentrum der Grossstadt Charkiw nahe einer Bushaltestelle. Selenskyj sprach von drei Toten und Dutzenden Verletzten. Die Behörden gaben die Zahl der Verletzten am Abend mit 56 an.

Auf Bildern waren schwere Schäden an dem Gebäude zu sehen. Selenskyj verurteilte den neuen Akt der Zerstörung durch russische Terroristen. «Der russische Terror mit Gleitbomben muss und kann gestoppt werden», sagte er. Dafür seien Entschlossenheit und Entscheidungen der Verbündeten nötig, um das Leben der Menschen in dem Land vor dem russischen Raketenterror zu schützen.

Charkiw immer wieder unter Beschuss

Charkiw, das unweit der russischen Grenze liegt, ist seit Monaten Ziel massiver russischer Angriffe. Immer wieder werden dort zivile Objekte getroffen. Es sind bereits Dutzende Zivilisten getötet oder verletzt worden.

Wie die ukrainische Luftwaffe auf der Plattform Telegram mitteilte, wurden Charkiw und die südukrainische Stadt Cherson am Sonntagmorgen von russischen Kampfflugzeugen mit gelenkten Gleitbomben angegriffen. Details zu den Angriffen lagen zunächst nicht vor.

Am frühen Sonntagmorgen wurde in der Hauptstadtregion Kiew Luftalarm ausgelöst. Nach Angaben der Flugabwehr hatten russische Militärs mehrere Marschflugkörper vom Typ «Kalibr» abgefeuert. Sowohl in Kiew als auch westlich in der Region Schytomir trat die Flugabwehr in Aktion, laute Explosionen waren zu hören.

Russland berichtet von ukrainischen Drohnenangriffen

Aus den südrussischen Regionen Smolensk und Brjansk wurden in der Nacht zum Sonntag Einflüge ukrainischer Kampfdrohnen gemeldet. Allein in der Region Brjansk seien über 20 Drohnen von der Flugabwehr abgeschossen worden, behauptete Gouverneur Alexander Bogomas nach Angaben der Staatsagentur Tass. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Selenskyj sagte in seiner Videobotschaft, dass im Westen mehr Entscheidungen für die Stärkung der ukrainischen Flugabwehr getroffen werden müssten. Er hatte vor allem immer wieder noch mehr Systeme vom US-Typ Patriot gefordert. Nur so kann es nach seiner Darstellung mehr Erfolge bei der Verteidigung der Städte und Gemeinden und beim Schutz für die Menschen geben. Die Ukraine sei dankbar für alle bewilligten militärischen Hilfspakete, brauche sie aber vor allem zeitnah und in vollem Umfang.

Selenskyj fordert beschleunigte Piloten-Ausbildung

«Der deutliche Rückgang des russischen Raketenterrors gegen Charkiw und die Region beweist, dass es durchaus möglich ist, unsere Städte und Gemeinden vor russischen Bomben zu schützen», sagte Selenskyj. Neben den Patriot-Systemen brauche die Ukraine auch eine Beschleunigung der Ausbildung von Piloten von F-16-Kampfflugzeugen und eine grössere Reichweite eigener Waffen. Die Ukraine erwartet noch in diesem Sommer die Lieferung der ersten Kampfjets vom US-Typ F-16.

Die Ukraine verteidigt sich mit Unterstützung westlicher Verbündeter seit mehr als zwei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg. Ziel des Landes ist es unter anderem, mit einer besseren Luftverteidigung die Hoheit über den eigenen Luftraum wiederzuerlangen. Zu schaffen machen dem Land aber vor allem auch russische Angriffe auf die Energieinfrastruktur.

Mehrere Stromausfälle in der Ukraine

Nach neuen russischen Luftschlägen gegen die Energieinfrastruktur in der Ukraine informierten die Versorger über weitere Stromausfälle in dem angegriffenen Land. Wegen der Schäden durch die Angriffe gab es in der gesamten Ukraine stundenweise Ausfälle bei der Versorgung bis gegen Mitternacht. Der Energiekonzern Ukrenerho hatte die Blackouts am Morgen angekündigt.

Russland greift immer wieder gezielt Objekte der Energieinfrastruktur an. Überall im Land laufen Instandsetzungsarbeiten.

Moskau hatte in der Nacht zum Samstag bei neuen Luftangriffen in den ukrainischen Gebieten Saporischschja und Lwiw (früher Lemberg) Energieinfrastruktur beschädigt. Zwei Menschen seien im Gebiet Saporischschja verletzt worden, teilte Ukrenerho mit. Details zu den Schäden nannte das Unternehmen nicht.

Schäden an Energieinfrastruktur bei 50,2 Milliarden Franken

Nach Angaben der ukrainischen Luftstreitkräfte griffen die Russen mit taktischen Bombern und mit Drohnen an. 13 Drohnen und 12 Raketen seien abgeschossen worden, hiess es.

Russland will mit den Angriffen auf die Energieinfrastruktur auch die Bevölkerung demoralisieren. Das Stromnetz brach zwar nicht zusammen, aber Millionen Ukrainer und Ukrainerinnen sassen ohne Elektrizität und damit auch ohne Heizung und Wasser immer wieder im Dunkeln.

Die Kiewer Wirtschaftshochschule KSE hat in einer Studie Gesamtschäden von 56,2 Milliarden US-Dollar (50,2 Milliarden Franken) an der Energieinfrastruktur ermittelt. Besonders betroffen waren demnach Elektrizitätskraftwerke, Stromleitungen und auch Anlagen des Öl- und Gassektors.

Kommentare

User #2730 (nicht angemeldet)

Dafür dass sie für uns die Kastanien auf dem Feuer holen haben sie mehr Hilfe verdient. Das Däumchen drehen des Westens ist inakzeptabel.

User #3932 (nicht angemeldet)

Nach der Auflösung des Warschauer Paktes hat die NATO keine Existenzberechtigung, ausser viel Geld für die amerikanische Rüstungsindustrie.

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