Politiker von Koalition und Opposition raten Baerbock zu Härte gegenüber Russland
Das Wichtigste in Kürze
- Aussenministerin bricht Montag zu Reise nach Kiew und Moskau auf.
Politiker von Opposition und Regierung rieten der Ministerin angesichts der Ukraine-Krise zu Härte gegenüber Russland. Kremlchef Wladimir Putin «versteht nur glasklare Ansagen - inklusive der möglichen Folgen», sagte die FDP-Wehrexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Sonntag zu AFP. Der Unions-Aussenexperte Johann Wadephul forderte die Lieferung deutscher Waffen an die Ukraine.
Am Montag will Baerbock in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Aussenminister Dmytro Kuleba zusammenkommen. Für Dienstag ist dann ein Treffen mit dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow in Moskau geplant.
Baerbocks Reise erfolgt in einer Atmosphäre wachsender Kriegsangst: Russland hat nach Angaben westlicher Staaten rund 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Eine Serie diplomatischer Kontakte mit Russland auf multilateraler Ebene in der vergangenen Woche endete ohne greifbare Ergebnisse. Russland zeigte sich zunächst nicht zu einer Fortsetzung dieser Gespräche bereit. Baerbock will sich auf ihrer Reise dafür einsetzen, dass Moskau den Dialog fortführt.
Strack-Zimmermann, die dem Verteidigungsausschuss des Bundestags vorsitzt, begrüsste die diplomatischen Bemühungen - warnte zugleich aber vor zu grossen Zugeständnissen an Russland. «Putin testet aus, wie weit er gehen kann, er führt uns vor und zwingt uns das Narrativ auf, dass wir uns bewegen müssen», sagte die Koalitionspolitikerin. Der Kreml-Chef verfolge «Grossmachtfantasien» und wolle «zurück in die Zeit des Kalten Kriegs». Dies sei nicht akzeptabel.
Unionsfraktionsvize Wadephul (CDU) forderte die Bundesregierung auf, von ihrer ablehnende Haltung gegenüber Waffenlieferungen an die Ukraine abzurücken. «Die Bedrohung der Ukraine durch Russland ist real», sagte Wadephul den RND-Zeitungen. Die Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine werde von Russland «offenbar als Ermutigung zur Fortsetzung der Verletzung der Souveränität der Ukraine verstanden».
Die von SPD, Grünen und FDP getragene Bundesregierung hatte allerdings in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, keine Waffen in Konfliktgebiete zu liefern. «Das Prinzip gilt», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), den RND-Zeitungen. Eine Diskussion über die Lieferung von «Schutzgeräten wie Helme und Schutzwesten» sei jedoch «denkbar».
Einen grundsätzlich andere Position im Russland-Ukraine-Krieg nahm die AfD-Fraktion ein: Sie forderte Baerbock am Sonntag insbesondere zu Härte gegenüber der Ukraine auf. Ihr Aussenexperte Petr Bystron warnte Baerbock gegenüber der Nachrichtenagentur AFP davor, die Lage mit «einseitigen Schuldzuweisungen» an die Adresse Russlands weiter zu verschärfen.
Der Ukraine warf Bystron eine Gängelung von Oppositionspolitikern und regierungskritischen Medien vor: Baerbock müsse «den deutschen Einfluss auf die Ukraine nutzen», um hier Verbesserungen zu erreichen, sagte er.
Der ukrainische Aussenminister Kuleba bat die Bundesregierung derweil, gegenüber Russland Stärke zu zeigen. «Wir erwarten von der neuen Bundesregierung einen festen und deutlichen Kurs gegenüber den russischen Drohungen und Einschüchterungsversuchen - zusammen mit der Ukraine und unseren Partnern und Alliierten», sagte Kuleba der «Bild am Sonntag».
«Kein Geschäftsinteresse und kein Bedürfnis danach, Verständnis für Putin zu zeigen, sind es wert, einen blutigen Krieg in Europa zuzulassen», mahnte der ukrainische Chef-Diplomat. Den russischen Staatschef Putin bezeichnete Kuleba als einen «Meister» im Schüren von Ängsten.