Streit um Macrons «Hirntod»-Diagnose eskaliert vor Nato-Gipfel
Das Wichtigste in Kürze
- Recep Tayyip Erdogan sagte in einer Rede, Macron solle seinen «Hirntod überprüfen» lassen.
- Frankreich bestellte daraufhin heute Freitag den türkischen Botschafter in Paris ein.
- Macrons Aussage, die Nato sei «hirntot», sorgt seit Wochen für Kontroversen im Bündnis.
Kurz vor dem Nato-Gipfel eskaliert der Streit um die «Hirntod»-Diagnose des französischen Präsidenten Emmanuel Macron: Frankreich bestellte am Freitag den Botschafter der Türkei in Paris ein, nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Macron seinerseits den «Hirntod» bescheinigt hatte.
Der französische Staatschef hatte seine Diagnose auf die Nato bezogen und dies unter anderem mit der Offensive des Mitgliedslands Türkei in Nordsyrien begründet.
Die Einbestellung des türkischen Botschafters ins Pariser Aussenministerium sei eine Reaktion auf die «Beleidigungen» Erdogans, erklärte der Elysée-Palast. Der türkische Präsident hatte zuvor in einer Rede gesagt, Macron solle seinen «eigenen Hirntod überprüfen» lassen.
Macron kritisierte Türkei
Er reagierte damit auf die wiederholte Kritik Macrons an der türkischen Militäroffensive gegen die kurdischen Milizen in Nordsyrien. Macron hatte der Türkei Anfang November im Interview mit der Zeitschrift «Economist» ein «aggressives» Vorgehen vorgeworfen, das die Sicherheitsinteressen aller Nato-Staaten berühre. Nach Angaben des Elysée-Palastes verlangt Macron von Erdogan beim Gipfel «klare Antworten» auf seine Kritik.
Erdogan und Macron treffen am kommenden Dienstag beim Nato-Gipfel in Watford bei London aufeinander, wo die Militärallianz ihr 70-jähriges Bestehen begeht. Im Vorfeld ist eine Unterredung Erdogans mit Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem britischen Premier Boris Johnson zum türkischen Einmarsch in Syrien geplant.
Macron wegen «Hirntod»-Aussage in Kritik
Die Äusserungen Macrons sorgen seit Wochen für massive Kontroversen im Bündnis. Kanzlerin Merkel kritisierte die «drastischen Worte» des französischen Präsidenten, Nato-Partner in Osteuropa nannten die Äusserungen «unverantwortlich» und «gefährlich».
Kritisch wird vor allem gesehen, dass Frankreichs Präsident die Europäer aufgerufen hat, sich selbst zu verteidigen und sich nicht auf Washington zu verlassen. Die osteuropäischen Staaten sehen sich direkt durch Russland bedroht und wollen keinesfalls auf den Schutz der USA verzichten.
Auf Ablehnung stiess im Bündnis auch ein Brief Macrons an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. In dem Schreiben zeigt sich der französische Präsident laut einem Medienbericht bereit, das russische Angebot eines Moratoriums über atomare Mittelstreckensysteme zu prüfen.