Thailänder wählen erstmals seit Putsch 2014 ein neues Parlament
Erstmals seit dem Militärputsch von 2014 hat Thailand am Sonntag ein neues Parlament gewählt.

Das Wichtigste in Kürze
- Junta-Anhänger und -Gegner stehen sich gegenüber.
Dabei stand sich das Lager der königstreuen Junta und ihrer Verbündeten sowie das Team um den ehemaligen Ministerpräsidenten und Milliardär Thaksin Shinawatra gegenüber. Sollten die Anti-Junta-Parteien sich durchsetzen, ist ein weiterer Militärputsch nicht ausgeschlossen.
In den landesweit mehr als 93.000 Wahllokalen in Tempeln, Schulhöfen und Regierungseinrichtungen gaben nach Schätzungen der Wahlkommission etwa vier Fünftel der 51 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. König Maha Vajiralongkorn hatte am Vorabend an die Wähler appelliert, die «guten» Führer zu unterstützen, um «Chaos» zu vermeiden.
Das südostasiatische Land ist eine konstitutionelle Monarchie, und nominell steht der Palast über der Politik. Aber das Königshaus ist eine nahezu unangreifbare Institution, die durch eines der weltweit schärfsten Majestätsbeleidigungsgesetze geschützt wird.
Im Mai 2014 hatte das Militär gegen die damalige Regierungschefin und Managerin Yingluck Shinawatra geputscht. Deren 2006 als Ministerpräsident entmachteter Bruder Thaksin, lebt nach seiner Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs im Exil. Yingluck wurde 2017 in Abwesenheit wegen Verschwendung von Steuergeldern zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ihrem Sturz vorausgegangen waren monatelange politische Unruhen zwischen den sie unterstützenden Rothemden und den royalistischen Gelbhemden mit fast 30 Toten.
Die Militärregierung unter Junta-Chef Prayut Chan-O-Cha versprach damals zwar, die Macht binnen 18 Monaten an eine Zivilregierung zu übergeben. Die Parlamentswahl wurde aber mehrfach verschoben. Bei der Parlamentswahl vom Sonntag wollte sich General Prayut zum zivilen Regierungschef wählen lassen. Er trat für die Partei Phalang Pracharat an, die der Armee nahesteht.
Die Wahl bedeutet nicht, dass die Demokratie in Thailand vollständig wiederhergestellt wird. Im August 2016 hatte die Junta in einem umstrittenen Volksentscheid eine neue Verfassung durchgesetzt. Diese gibt der Armee unter anderem das Recht, sämtliche 250 Mitglieder des Oberhauses zu bestimmen.
Die der Junta nahe stehende Partei benötigt nur 126 Abgeordnete im 500 Sitze zählenden Unterhaus, um den Ministerpräsidenten bestimmen zu können. Dagegen brauchen die Junta-Gegner 376 Mandate im Unterhaus, um über die einfache Mehrheit aller 750 Parlamentssitze zu verfügen.
Unter den vielen Gruppierungen im Anti-Junta-Lager sticht die Partei Pheu Thai hervor, die Thaksin Shinawatra nahe steht. Ursprünglich wollte der nach wie vor einflussreiche Politiker die Partei Thai Raksa Chart ins Rennen schicken, die für die Schwester des Königs, Prinzessin Ubolratana, als Spitzenkandidatin antreten sollte. Doch nach einem Rüffel des Monarchen zog sie ihre Kandidatur zurück, die Partei wurde aufgelöst.
Shinawatra-nahe Parteien gewannen seit 2001 sämtliche Wahlen. Dieses Mal rechnen sie sich Chancen auf zwischen 150 und 200 Sitze aus. Um die Schwelle von 376 Mandaten zu erreichen, wird sich Pheu Thai mit anderen Parteien verbünden müssen.
Ungewiss war, für wen sich die mehr als sieben Millionen Erstwähler im Alter zwischen 18 und 25 Jahren entscheiden. Vielen von ihnen hat es der telegene Milliardär Thanathorn Joonruangrit angetan. Der Politneuling ist ein Gegner der Junta und konnte mit seinen Auftritten in sozialen Medien viele Anhänger gewinnen.
Sollten die Anti-Junta-Parteien sich durchsetzen, ist ein weiterer Militärputsch nicht ausgeschlossen. Thailand hat davon in den vergangenen 90 Jahren zwölf erlebt - das ist im Durchschnitt alle sieben Jahre eine Machtübernahme durch die Armee.