Tschechiens Präsident rechtfertigt sein Schweigen
Milos Zeman äussert sich zu seinem Schweigen am 50. Jahrestag des Einmarschs 1968. Es hätten diejenigen sprechen sollen, «die selbst davon betroffen waren».
Das Wichtigste in Kürze
- Zum 50. Jahrestag des Warschauer-Pakt-Einmarschs verweigerte Milos Zeman eine Rede.
- Stattdessen sprach der slowakische Präsident Andrej Kiska.
Der tschechische Präsident Milos Zeman hat sich erstmals zu den Gründen geäussert, warum er zum 50. Jahrestag des Warschauer-Pakt-Einmarschs in die Tschechoslowakei am 21. August keine Rede gehalten hat. Er sei der Ansicht gewesen, dass dazu «diejenigen sprechen sollten, die selbst davon betroffen waren», sagte der 73-Jährige am Freitag dem Nachrichtenportal Parlamentnilisty.cz.
Am 21. August 1968 waren knapp eine halbe Million sowjetische, polnische, ungarische und bulgarische Truppen in die damalige Tschechoslowakei einmarschiert, um die sozialistische Reformbewegung des Prager Frühlings gewaltsam niederzuschlagen.
Zeman kritisierte zudem, dass es am Vorabend des Jahrestags vor der russischen Botschaft in Prag eine Demonstration gab, die sich unter anderem gegen die russische Rolle im Ukraine-Krieg richtete. «Es droht uns keine deutsche Besetzung, denn Deutschland ist heute ein demokratischer Staat», sagte Zeman. «Genauso droht uns keine sowjetische Okkupation mehr, denn die Sowjetunion ist zerfallen.» Politologen schätzen den Präsidenten als russlandfreundlich ein.
Im Voraus aufgezeichnete Rede
Statt einer Ansprache Zemans hatte das tschechische Fernsehen CT die Rede des slowakischen Präsidenten Andrej Kiska übertragen. Das mache Kiska aber noch nicht zu «unserem Schattenpräsidenten», sagte Zeman. Derweil muss sich Kiska in seiner Heimat selbst unangenehmen Fragen stellen: Nach slowakischen Medienberichten verbrachte der parteilose Millionär den Jahrestag des Einmarschs in Spanien im Urlaub. Die vielbeachtete Fernsehansprache des 55-Jährigen sei im Voraus aufgezeichnet worden.