USA-Experte: «Donald Trump könnte eigene Partei gründen»

Philip Schären
Philip Schären

USA,

Die Amtszeit von Donald Trump geht am Mittwoch zu Ende. Für die Zukunft stehen viele Fragen zu seiner Person im Raum. Politologe Thomas Greven klärt auf.

The Trump Organization
Donald Trump sitzt in einem Wagen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die rechtsextremen Gruppierungen werden weiterhin aktiv sein, glaubt Thomas Greven.
  • Er ist Politik-Privatdozent in Berlin und USA-Experte.
  • Im Interview spricht er über die Zukunft des abtretenden Präsidenten Donald Trump.

Donald Trumps letzte Stunde als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat geschlagen. Am Mittwoch ist seine Amtszeit im Oval Office zu Ende. Dass er danach nicht von der Bildfläche verschwinden wird, scheint klar zu sein. Doch wie sieht seine Zukunft und die der Republikanischen Partei aus?

Donald Trump
Donald Trump verlässt am Mittwoch die grosse Polit-Bühne. - AP

Einer, der es wissen muss, ist Thomas Greven. Er ist Privatdozent für Politik am John-F.-Kennedy-Institut in Berlin und Autor des Buches «Die Republikaner: Anatomie einer amerikanischen Partei».

Nau.ch: Herr Greven, in den USA steht die Inauguration von Joe Biden an. Was ist am Mittwoch zu erwarten?

Thomas Greven: Ich hoffe, jetzt wo die Sicherheitskräfte gewarnt sind, wird das ohne grosse Gewalt über die Bühne gehen. Es wurden in 50 Hauptstädten und in DC Proteste angekündigt. Es wird hier und da etwas passieren, aber die Sicherheitskräfte sind jetzt hoffentlich vorbereitet.

Donald Trump
Die Hauptstadt Washington D.C. ähnelt vor der Inauguration einer Festung. - Keystone

Eine Sorge, die man für die Zukunft haben muss, ist die Untergrabung der Polizei und Sicherheitskräfte mit Trump-Fans. Man kann davon ausgehen, dass mehr als die Hälfte republikanisch wählt oder gar Trump-Fans sind. Sprich es sind in diesen Kreisen sicherlich auch Menschen, die beim Angriff aufs Kapitol mitgewirkt oder diesen begrüsst haben.

Nau.ch: Einige Anführer dieser radikalisierten Kreise haben dazu aufgerufen, sich dem Militär anzuschliessen. Wie werden sich diese Gruppierungen entwickeln?

Thomas Greven: Diese Rechtsextremisten, Rassisten, paramilitärische Organisationen hat es bereits vor Donald Trump gegeben. Durch seine Politik und Rhetorik hat er diesen Gruppen aber stark geholfen. Die Republikanische Partei ist dabei auch nicht unschuldig.

Thomas Greven
Walz sei strategisch gesehen die richtige Entscheidung, sagt USA-Experte Thomas Greven von der Freien Universität Berlin. - zVg

Die Politik der Partei, die Bevölkerung entlang ihrer Hautfarbe, Herkunft und Religion zu spalten, um Wahlen zu gewinnen, hat diese Gruppen gestärkt und in den Mainstream gebracht. Das als Trumps Erbe darzustellen wäre verkürzt. Ich glaube nicht, dass rechtsextremistische Gruppen stark abhängig von Donald Trump sind.

«Donald Trump wird von Minute zu Minute unberechenbarer»

Nau.ch: Also bleiben diese Gruppen auch nach dem Ende der Amtszeit von Donald Trump bestehen.

Thomas Greven: Ja, die Entstehung dieser Gruppen hat nichts mit Donald Trump zu tun. Die amerikanische Gesellschaft war bereits vor seiner Präsidentschaft gespalten. Man muss dabei von strukturellem Rassismus sprechen, der die Wirtschaft und Gesellschaft des Landes prägt.

Donald Trump
«Die USA waren bereits vor Donald Trump gespalten», ist sich USA-Experte Thomas Greven sicher. - Keystone

Und zumal die Republikanische Partei von dieser Spaltung profitiert. Jetzt konnte man beobachten, dass mit Trump die Republikanische Partei Trägerin dieser Gruppierungen wurde. Ob dies so bleiben wird, ist unklar.

Nau.ch: Donald Trumps Amtszeit geht zu Ende. Es wird bereits über eine Kandidatur für die Präsidentschaft 2024 spekuliert. Was erwarten Sie von ihm?

Thomas Greven: Der Mann wird von Minute zu Minute unberechenbarer. Er wird wohl selbst nicht wissen, was er machen wird. Er wird beschäftigt sein mit diversen Klagen, das ist klar. Und er muss seine Unternehmen wieder aufbauen.

Donald Trump
Rund vier Jahre sind seit der Inauguration von Donald Trump vergangen. - Keystone

Es ist gut möglich, dass er eine Art Medienunternehmer wird. Wie das genau aussehen könnte, steht in den Sternen. Klar ist: Er war 2016 ein schlechter Gewinner, er ist jetzt ein schlechter Verlierer.

Er wird versuchen sich zu rächen. Menschen, die aus seiner Sicht illoyal waren, wird er versuchen zu bestrafen. Allerdings fehlt ihm dazu derzeit eine Plattform.

Spaltet sich die Republikanische Partei?

Nau.ch: Wie sähe denn eine solche Bestrafung aus?

Thomas Greven: Einerseits kann er seine Unterstützer in Vorwahlen auch gegen Republikaner mobilisieren. Das erklärt die Schwierigkeiten vieler in der Partei, sich von ihm abzugrenzen; sie fürchten schlicht um ihre Ämter. Andererseits wird er vielleicht auch Kandidaten gegen Demokraten unterstützen, die ihm besonders unliebsam sind.

Donald Trump
Was macht Donald Trump nach Ende seiner Amtszeit? - Keystone

Wie in der Vergangenheit wird er Menschen weiterhin diffamieren, dafür muss er – wie eben gesagt – wieder ein Sprachrohr finden.

Nau.ch: Trump könnte also gegen eigene Parteimitglieder vorgehen. Der Haussegen in der Republikanischen Partei hängt seit Wochen schief. Steht nun eine Spaltung bevor?

Thomas Greven: Das amerikanische Wahlsystem ist so konstruiert, dass Parteien, welche sich spalten, bestraft werden. Wenn aus einem Lager zwei Kandidaten antreten, ist nach dem «Winner takes it all»-Prinzip klar, dass das andere Lager profitiert.

Das hält die grossen Parteien zusammen. Allerdings ist es möglich, dass es zumindest eine Abspaltung nach rechts aussen gibt.

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Die Republikanische Partei um Mitch McConnell steht vor wegweisenden Jahren. - Keystone

Wenn diese klein ist, bliebe die Republikanische Partei konkurrenzfähig. Bei einer Halbierung hätte die Partei hingegen ein existenzielles Problem. Und dann wäre es extrem spannend in der politischen Landschaft des Landes.

Das wäre eine weitere Option für Donald Trump. Er könnte versuchen, seine Anhänger aus der Partei zu ziehen und eine eigene gründen. Und den Fokus auf Staaten legen, in denen er besonders stark war.

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