Von Chinas Aussenminister fehlt seit dreieinhalb Wochen jede Spur
Er versetzte einen EU-Diplomaten und liess einen Gipfel mit Amtskollegen sausen: Seit fast vier Wochen fehlt von Chinas Aussenminister jede Spur.
Das Wichtigste in Kürze
- Chinas Aussenminister Qin Gang nimmt seit fast einem Monat keine Termine mehr wahr.
- Sein Ministerium spricht von «gesundheitlichen Gründen».
- Im In- und Ausland ranken sich zahlreiche Gerüchte um seine Abwesenheit.
Seit vergangenem Dezember repräsentiert Qin Gang China in der Welt. Zuvor legte er eine Blitzkarriere in der Diplomatie hin: Erst diente er als Sprecher des Aussenministeriums und war dann für kurze Zeit Botschafter in Washington.
Der 57-Jährige gilt als enger Vertrauter von Staatschef Xi Jinping und ist in seinem Amt äusserst aktiv. Oder war es zumindest. Denn seit fast einem Monat fehlt von Chinas Aussenminister jede Spur.
Treffen mit EU abgesagt
Sein letzter öffentlicher Auftritt fand am 25. Juni statt. Da war Russlands Vizeaussenminister Andrej Rudenko zu Besuch, um Gespräche nach dem Wagner-Aufstand zu führen. Die Volksrepublik sicherte Russland Unterstützung bei der Aufrechterhaltung der nationalen Stabilität zu.
Von da an glänzte Qin Gang mit Abwesenheit. So wollte etwa der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell Anfang Juli nach Peking reisen. Doch man sei darüber informiert worden, dass die geplanten Termine «nicht mehr möglich seien», sagte eine EU-Sprecherin gegenüber «Reuters».
Auch beim Aussenminister-Gipfel der südostasiatischen Staaten (ASEAN) vor einer Woche fehlte Qin Gang. An seiner Stelle reiste sein Amtsvorgänger Wang Yi an das Treffen in der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Der 69-Jährige ist seit dem Amtswechsel Direktor der Zentralen Kommission für auswärtige Angelegenheiten, der das Aussenministerium untersteht.
Gesundheitliche Gründe
Das Fehlen von Qin Gang habe dem Ministerium zufolge «gesundheitliche Gründe». Nähere Angaben dazu wurden nicht gemacht. Diese Information wurde später auch aus der offiziellen Niederschrift der Pressekonferenz gestrichen. Ebenfalls auffällig: Chinas Regierung schweigt normalerweise zum Gesundheitszustand ihrer Mitglieder.
Das extrem intransparente politische System in China lässt einmal mehr Raum für zahlreiche Gerüchte. So wird etwa in einem Bericht des Hongkonger Portals «Sing Tao Daily» über eine schwere Covid-Infektion des Spitzendiplomaten spekuliert. Zudem kursieren Gerüchte über eine aussereheliche Affäre oder politische Ermittlungen.
Ob und wann Qin Gang wieder auftaucht, bleibt offen. Vergangenen Montag teilte eine Sprecherin seines Ministeriums mit, sie habe «keine Informationen» dazu, wann er wieder auf seinen Posten zurückkehre. Die diplomatischen Aktivitäten würden aber wie gehabt weitergeführt.